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AfD-Gruppe in Sachsenhausen und Chemnitz

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AfD-Gruppe in Sachsenhausen und Chemnitz

Polizei ermittelt: Gästegruppe von AfD-Spitzenfrau Weidel hetzt in KZ-Gedenkstätte

KZ-Verbrechen verharmlost, Gaskammern angezweifelt - eine Gruppe aus dem Wahlkreis von AfD-Fraktionschefin Weidel besuchte die Gedenkstätte Sachsenhausen. 

Von MATTHIAS MEISNER Tagesspiegel

Für die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen ist es ein ernster Vorgang. Eine AfD-Besuchergruppe aus dem Wahlkreis von deren Fraktionschefin Alice Weidel vom Bodensee war im Juli bei ihr zu Gast. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten bestätigte auf Tagesspiegel-Anfrage, dass sich unter den 17 Teilnehmern fünf bis sechs Personen befunden hätten, die die Führung "permanent unterbrachen und störten", wie erst jetzt bekannt wurde. Dabei seien "manifest rechte und geschichtsrevisionistische Einstellungen und Argumentationsstrategien erkennbar" geworden, sagte Gedenkstätten-Sprecher Horst Seferens - "wobei justiziable Aussagen offenkundig bewusst vermieden wurden".


Gruppe beim Besuch des früheren Konzentrationslagers Sachsenhausen. FOTO: BERND SETTNIK/DPA



Die Polizei Brandenburg hat erst durch den Tagesspiegel von dem Vorfall in der Gedenkstätte Sachsenhausen erfahren. Noch am Donnerstagabend nahm die Polizei eine Strafanzeige von Amts wegen auf und leitete kriminalpolizeiliche Ermittlungen gegen unbekannt ein, sagte ein Behördensprecher.

Eine Regierungssprecherin - die Fahrt wurde vom Bundespresseamt finanziert - bestätigt "antisemitische und historisch unhaltbare Äußerungen", schreibt sie allerdings nur einem der 17 Teilnehmer zu. Der Referent der Gedenkstätte brach, so die Darstellung beider Seiten, seinen Vortrag für die AfD-Besuchergruppe ab. Mehrere Aufforderungen, die Interventionen zu unterlassen, waren nach Angaben der Gedenkstätten-Stiftung folgenlos geblieben. Ursprünglich waren für den Besuch der Gedenkstätte im Zentrum der brandenburgischen Stadt Oranienburg 50 Teilnehmer angemeldet worden, doch nur jeder Dritte nahm schließlich wirklich teil.

Seferens sagte weiter, unter anderen seien von einigen der AfD-Besucher die Verbrechen im KZ Sachsenhausen durch Vergleich mit angeblichen Verbrechen der Alliierten relativiert worden. Die Existenz von Gaskammern sei in Zweifel gezogen worden, mehrere AfD-Besucher hätten die KZ-Verbrechen verharmlost und relativiert und dem Gedenkstätten-Mitarbeiter mangelnde Kompetenz und Manipulation unterstellt. Ähnlich wird das auch aus brandenburgischen Regierungskreisen bestätigt, wo die Sache seit Wochen bekannt ist.

Bei der Polizei angezeigt wurde der Vorfall, der sich bereits am 10. Juli ereignete, bisher nicht. Weder das Bundespresseamt noch die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten machten die Sache zunächst von sich aus bekannt. Die Regierungssprecherin sagte dem Tagesspiegel: "Die Bundesregierung weist jede Relativierung und Verharmlosung der Verbrechen der Nationalsozialisten, des von Deutschland ausgegangenen Vernichtungskrieges und des Holocaust entschieden und unmissverständlich zurück."

Weidels Sprecher gibt sich überrascht

Weidel selbst war beim Besuch der Gedenkstätte im im Zentrum der brandenburgischen Stadt Oranienburg nicht dabei. Das Büro der AfD-Politikerin zeigte sich "ziemlich überrascht" von den Vorwürfen. "Das Presseamt hätte uns informieren müssen", sagte Weidels Sprecher Daniel Tapp. "Da gab es aber gar nichts."

Der Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, Christian Lüth, kommentierte den Vorgang mit den Worten: "Dabei handelte es sich um ein Programm des Bundespresseamtes, bei dem Alice Weidel ein Programmpunkt von vielen war. Beim Besuch der Gedenkstätte war Alice Weidel nicht zugegen." Nachfragen des Tagesspiegels ließ Lüth unbeantwortet.

Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch (SPD) erklärte: "Mit solchen Äußerungen sollen nicht nur reaktionäre und rechtsextreme Positionen gesellschaftsfähig gemacht werden – damit werden Millionen von Opfern des NS-Unrechtsregimes verhöhnt und verunglimpft." Gerade in Zeiten, in denen die Zahl antisemitischer und ausländerfeindlicher Straftaten in Deutschland wieder deutlich zunehme, sei das "verantwortungslos und untergräbt die Grundlagen unserer Demokratie und unseres Zusammenlebens".

Die Möglichkeit, Besuchergruppen nach Berlin einzuladen, hat jeder Bundestagsabgeordnete. Die Kosten für Fahrt, Übernachtung und Verpflegung trägt die Bundesregierung. Nach den Bestimmungen des Bundespresseamts muss es sich bei den Eingeladenen um "politisch Interessierte" aus dem jeweiligen Wahlkreis des Abgeordneten handeln, im Fall von Weidel also aus dem Bundestagswahlkreis Bodensee.

Bei den vom Bundespresseamt organisierten Besuchsfahrten ist ein Besuch der Gedenkstätte Sachsenhausen schon lange ein möglicher Programmpunkt. Weidels Gruppe war außer in der Gedenkstätte Sachsenhausen unter anderem zu einem Gespräch im Bundestag. Sie nahm außerdem an einer Stadtführung durch Berlin teil und besichtigte die Gedenkstätte Hohenschönhausen im ehemaligen Gefängnis der DDR-Staatssicherheit.

Stiftung will "konsequent vom Hausrecht Gebrauch machen"

Ob und inwieweit Konsequenzen aus dem aktuellen Vorfall für künftige Besuchergruppen zu ziehen seien, liege in der Entscheidung der Gedenkstätte, sagte die Sprecherin der Bundesregierung. Gedenkstätten-Sprecher Seferens erklärte, die Gedenkstätte sei nicht nur ein Ort der Trauer und des Gedenkens, sondern "auch ein realer Friedhof", in dessen Boden sich die sterblichen Überreste von Zehntausenden von Opfern des NS-Terrors aus ganz Europa befänden: "Wir werden auch weiterhin nicht dulden, dass Besucher die Gedenkstätte für ihre geschichtsrevisionistische Propaganda zu nutzen versuchen und konsequent von unserem Hausrecht Gebrauch machen."

Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten äußert sich nach dem Vorfall klar gegen die AfD. "Wir beobachten es mit großer Sorge, dass es im Bundestag und in vielen Landesparlamenten eine Partei gibt, in der offen geschichtsrevisionistische Positionen vertreten werden", heißt es: "Wir werden nicht zulassen, dass die Gedenkstätten als Plattform für diese Art von Propaganda benutzt werden und fordern die Gesellschaft und alle demokratischen Parteien auf, diese Partei konsequent zu bekämpfen."

Ärger mit Stephan Brandner in Buchenwald

Anfang August hatte der Direktor der Gedenkstätten-Stiftung Buchenwald, Volkhard Knigge, nach einem Gespräch mit dem thüringischen AfD-Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner weitere Begegnungen dieser Art ausgeschlossen. "Die AfD hatte jetzt ihre Chance", wurde Knigge vom "Neuen Deutschland" zitiert. "Sie hat sie vertan." Die Rechtspopulisten seien eine Partei, "die dieses Land übernehmen und komplett umkrempeln" wolle, sagte Knigge. Ihr Ziel sei, "das klare Bewusstsein über die Entstehungsgeschichte des Nationalsozialismus zu verschleiern". Wer dies verstehe, könne auch "die braunen Flecken auf dem angeblich weißen Hemd der AfD" erkennen.

Laut Knigge hatte sich Brandner, der Vorsitzender des Justizausschusses im Bundestag ist, bei dem Gespräch "explizit hinter Björn Höckes Positionen gestellt" und bestritten, dass es Geschichtsrevisionismus in der AfD gebe, betonte Knigge. Der thüringische AfD-Partei- und Fraktionschef Höcke hatte bei einer Brandrede im Januar 2017 in Dresden unter anderem eine 180-Grad-Wende in der deutschen Erinnerungspolitik gefordert. Er hat in Buchenwald Hausverbot bei Gedenkveranstaltungen.

Mit ihrem Einzug in den Bundestag hatte die AfD den Anspruch bekommen, auch einen Vertreter in das Kuratorium der Stiftung "Denkmal für die ermordeten Juden Europas" zu entsenden. Bei der Stiftung kam das damals gar nicht gut an. Die AfD schlug schließlich den nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten Uwe Witt für die Entsendung in das Gremium vor. Die zunächst für März vorgesehene Wahl wurde dann aber verschoben und fand bisher noch nicht statt. (mit axf)

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es ist irgendwie auch bezeichnend, wenn erst jetzt im zuge der polarisierungsdiskussion um chemnitz plötzlich dieser vorfall, der sich immerhin schon vor 52 tagen zutrug, auf den tisch kommt. damit gerät er jetzt - wie auch hier - in die mühle der argumente pro & contra chemnitz (links vs. rechts: ihr habt aber... - wir haben doch...) und erhält kaum die ihm gebührende einzel-beachtung, sondern wird einfach im scharmützel mitverwurstet - und wird so auch mit zu einem stück "der sau, die da" - um die chemnitz-problematik - "gerade durch's dorf getrieben wird".

in einer einzelbetrachtung zum thema würde aber diese vermaledeite afd auch wieder unnötig aufgewertet, denn jede pure erwähnung gilt dort ja bereits als willommene "pr-werbung" ...

dieser vorfall um eine ausgewiesene afd-besuchergruppe, die auf einladung von alice weidel das frühere kz sachsenhausen besucht hat - und die haltung des vorsitzenden des justizausschusses (!) im bundestag, stephan brandner von der afd zur 2017er höcke-rede für eine grundlegende 180-grad-revision "der deutschen erinnerungspolitik" - das sind schon wieder klare hinweise auf die säge, die zumindest ein großer teil der afd-mitglieder und -sympathisanten an die grundfeste der bundesdeutschen verfassung für ein "ritsch-ratsch" angelegt hat: die verschleierung der geschehnisse in deutschland vor 85-75 jahren etwa - und die geschichtsklitterung um die massenmorde des holocaust und der "euthanasie"-morde mit einem sand-in-die-augen-streuen und dem versuch der volksverdummung.

ich weiß nicht, welch eine gefährliche nostalgie da diese afd-gruppierungen und ihr wähler-klientel reitet - und ich kann mir nur vorstellen, dass es mit diesem allgemeinen herrschenden "jetzt muss doch aber auch mal gutt sein"-zeitgeist mit zu tun hat ...
nur - aufgepasst: auf einer schiefen ebene gibt es keinen halt mehr - und wenn man vor lauter verleugnung und klitterung diese standebene in ihrer angemessenen statik verändert, rutscht man aus und fällt auf die nase - über kurz oder lang - das ist ganz einfach physik und  keine schwierige politik ...


und diese allgemeine zeitgeist-entwicklung wird durch die flüchtlings-diskussion sicherlich im internen gedanklichen hau-ruck-verfahren mit befeuert, aber sie haben eigentlich nichts miteinander zu tun - und wenn, dann höchstens mit der ähnlichkeit von ausländerhatz und lynchjustiz damals und heute ...

a propos chemnitz:

die ddr ist vor fast 30 jahren dem verfassungsbereich der bundesrepublik deutschland aus freien stücken und nach zähen verhandlungen beigetreten (!). sicherlich haben da einige passagen jeweils die andere seite über den tisch gezogen. aber die bundesrepublik deutschland hat sich verfassungsmäßig verpflichtet, das nazi-regime zu ächten und auch menschen mit berechtigtem flüchtlingsstatus willkommen zu heißen und auf wunsch auch zu integrieren - wie sie das ja mit vielen flüchtlingen z.b. aus den ostgebieten auch immer getan hat (die auch ordentlich "lastenausgleich" erhalten haben) - und in einer abgesprochenen rettungsaktion hat im herbst 2015 die bundeskanzlerin die einsame aber mutige entscheidung getroffen, viele hunderttausend gestrandete menschen vom ungarischen grenzzaun über die offene grenze ins land zu lassen. und wie immer und überall gibt es bei solchen massenaktionen 5-10% kriminelle schmarotzer die das tohuwabohu ausnutzen, um persönlich nutzen daraus zu ziehen.

schon im bereich der behindertenhilfe lehrt man, dass jeder mensch nach betätigung sucht: und wenn er keine betätigung oder auch spielzeug vorgesetzt bekommt, manipuliert er an sich oder anderen ... unbeschäftigte junge flüchtlinge, die 2 oder 3 jahre auf ihre "statusklärung" warten müssen sowie auf einen eventuellen familiennachzug kommen vor langeweile in der zwischenzeit auf die schiefe bahn - oder sind sogar deswegen hier angekommen - die gilt es rasch auszufiltern und sich den legal hier aufhaltenden menschen zuzuwenden und ihnen betätigung verschaffen ..., was aber auch kaum zu schaffen ist: wohnungsnot, marode schulen, zu wenig lehrer, zu große unterrichtsklassen, zu wenig berufe insgesamt ...


aber mit drogenumschlagplätzen in chemnitz und anderswo und mit angeblichen belästigungen in freibädern hat das genuin erst einmal nichts zu tun - da führen irgendwelche falschgestellten weichen im kopf auf falsche denkgleise, die scheinbar wie eine infektion eine "nun reicht's"-protestierende masse erfasst und zu einer krakeelenden epidemie führt. 

verfehlungen in freibädern oder kriminelle dealerbanden oder nazi-leugner in gedenkstätten gehören gemeldet und angezeigt, egal welche hautfarbe, welcher herkunft, welcher partei - schnurstracks und nicht erst nach 52 tagen (stichwort "afd-überwachung durch den verfassungsschutz!") - und sofort abgeschoben und nicht vergessen vom bamf... 

man muss gedanklich ein paar vielleicht inzwischen "verwandte" fakten in bezug auch auf die chemnitz-diskussion wieder deutlich trennen: 
  • die abwicklung und der kahlschlag der alten ddr-volkswirtschaft mit all den psychischen und physischen folgen für die dort werktätige bevölkerung in den "neuen bundesländern" ist und war ein unrecht;
  • das gießkannen-prinzip aber der ost-transferleistungen mit über 1,9 billionen seit 1990 - mit dem ausbau an straßen und infrastruktur - hat mit den individuell persönlichen "wiedergutmachungsleistungen" an einzelne bedürftige eben nichts zu tun - und vielleicht müsste da mal ein großes sozialwerk für individuelle "wiedergutmachungen" gegenüber den bürgern der ostbundesländer mit dem soli aufgebaut werden;
  • dieses individuell gefühlte und erlittene persönliche unrecht ist aber mit tätlichem auseinandersetzungs-neid gegenüber den ankommenden fremden geflüchteten mitbürgern in den städten nie und nimmer zu tilgen und einfach ungerecht - man kann nicht äpfeln mit birnen vergleichen;
  • und eine verharmlosung des nazi-regimes und seiner gräuel-taten mit gleichzeitig (!) zunehmendem fremdenhass heute können meines erachtens kaum kausal irgendwie miteinander in verbindung gebracht werden - eine solcher "automatismus" ist einfach nur schräg und schief - und wäre der anfang der oben skizzierten "schiefen ebene", auf der es dann keinen halt mehr gibt  ...
  • erich käst­ner hat ge­sagt, dass die na­zi­zeit spä­tes­tens im jahr 1928 hät­te be­kämpft wer­den müs­sen, zu ei­ner zeit, als al­les noch sta­bil wirk­te, als es zwar erup­tio­nen des has­ses gab, wie jetzt in chem­nitz, die­se aber noch als ein­zel­fäl­le ver­nied­licht wer­den konn­ten. »Man darf nicht war­ten, bis aus dem Schnee­ball eine La­wi­ne ge­wor­den ist. Man muss den rol­len­den Schnee­ball zer­tre­ten. Die La­wi­ne hält kei­ner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie al­les un­ter sich be­gra­ben hat.«



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