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(update) ganz besonders - ich will leben: das jugendvolxtheater-stück in anlehnung an das leidensporträt von erna kronshage als video der "premiere" ...

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Über das Stück*)

"Ich will Leben" heißt "Ich will nicht tot sein", bedeutet aber auch "Ich wiII dabei sein, dazu gehören, teilhaben", Freunde haben,
alleine sein, weinen und lachen, lieben, lernen mit meinem So-Sein!

Es gibt 7,6 Milliarden Menschen auf der Welt und keiner ist genauso wie ein anderer. Jede*r ist anders als die andere*n und deswegen ist auch jede*r besonders.
Besonders heißt nicht besser oder schlechter, sondern anders. Das Leben hinterlässt Spuren, sichtbare und auch welche, die sich nur erahnen lassen - bei jedem von uns.
Die SpieIer*innen haben sich auf Spurensuche begeben und dabei einiges über sich seIbst entdeckt:
  • Wir sind mehr als unsere Bodymaße, unser Geschlecht, unsere Narben, unsere Fähigkeiten, unsere Träume usw.
  • Was heißt es konkret, anders zu sein als andere?
  • Wie reagieren Mitmenschen, Wenn ich ICH selbst bin, aus der Reihe tanze, sage, was ich denke und fühle?
  • Wie vernichtend kann Intoleranz und Engstirnigkeit sein?
  • Wohin kann Gieichschaltung und Ausgrenzung führen?
Auf dem Hintergrund und mit dem Wissen der Geschichte von Frau Erna Kronshage, die am 12. Dezember 1922 in Senne II (heute Bielefeld-Sennestadt) geboren und am 20.2.1944 ermordet wurde, haben die 8 Spieler*innen die damaligen Ereignisse und das Opfer-Porträt mit den eigenen Besonderheiten und den Menschen im Allgemeinen in Beziehung zueinander gesetzt.

So haben sich Welten aus anderen Zeiten eröffnet, die den Spieler*innen bis dato nicht bekannt waren - und damit gab es die Möglichkeit, Eigenes zu entdecken, das vorher vielleicht erahnt aber nicht wirklich präsent war.

In selbsterarbeiteten Szenen und choreographischen Bildern zeigen sie Ergebnisse aus der gemeinsamen Probenarbeit und lassen zeitweise Parallelen zwischen sich und der Geschichte von Erna Kronshage erkennen.

Es spielen:
Noah Böckelmann, Carlotta Drescher, Tessa Erichsen, Felicia Frey, Linnea Koch, Kim Tabert, Marlene Wohlhüter, Edona Hasani

Team

Spielleitung / Regie: Canip Gündogdu
Lotti Kluczewitz

Technische Leitung: Tim Schwedes

Video: Jann van Husen, Filmanufaktur

Nähere lnfornationen zum Opfer-Porträt Erna Kronshage auf
und weiteren Internetseiten
(Text - unter Verwendung des Aufführungs-Programms des Jugendvolxtheater Bethel)
email: theaterwerkstatt[et]bethel.de
(auch für den Vertrieb der Premiere-CD):


_____________________________________

*) Noch ein paar Anmerkungen zur Abfolge der Szenensequenzen (nach meinen Interpretationen und Wahrnehmungen als Zuschauer) - auch vielleicht als Vorschlag für einen Orientierungs-Kompass für Zuschauer, die sich vielleicht fragen: Was könnte das wohl bedeuten ? ...  - (obwohl: Darstellende Kunst wird ja eigentlich nicht "erklärt"):
  • Es geht also meines Erachtens los mit einer kleinen Persiflage auf den Bomben-Tourismus, wie er 1940 zum Nachbarhof der Kronshages einsetzte nach dem Bombenabwurf eines einsamen englischen Kampffliegers dort (Bombenabwurf aus "heiterem Himmel"), der den Hof fast ganz zerstörte und wobei die junge Nachbarin Ernas getötet wurde und deren Freund schwer verletzt - und diese "Bombentouristen" aus ganz Ostwestfalen dachten wohl: das war's dann wohl mit dem Krieg ("und die Geschicht ist aus" ...) ... - für Erna war dieses nächtliche Bombeninferno in 80 Meter Entfernung mit dem Tod der fast gleichaltrigen Nachbarin und Freundin sicherlich ein traumatisches Erlebnis;
  • dann wird die Alltags-Beschäftigung Ernas, die Landwirtschaft auf dem elterlichen Bauernhof, als "Realität" mit gefaltetem und gedrehtem Papier-Vieh dargestellt;
  • danach dann getanzte und angedeutete "typische" Handlungs-"Figuren" - auch mit dem Hereinbrechen der Nazi-Zeit in die ländliche Idylle;
  • die schwere Last - und das In-die-Knie-zwingen durch das Braune Regime - keiner "tanzt" mehr lange aus der Reihe mit irgendwelchen persönlichen Macken - alle haben sich an- und einzupassen - z.B. in die "extensive" Inanspruchnahme der gesamten Landwirtschaft in ein verpflichtendes Sonderprogramm "zur Ernährung des deutschen Volkes" - und auch Erna als mitarbeitende "Haustochter" war damit unverbrüchlich "dienstverpflichtet";
  • das große Familienfoto der Kronshages - mit individuellen Varianten der Spieler zu ihren eigenen Familienfoto-Erinnerungen ...;
  • ein Blinde-Kuh-Spiel zur Verdeutlichung der allmählichen Vereinsamung Ernas in einer Großfamilie durch Wegheirat der großen Schwestern und Kriegseinsatz der Brüder;
  • die alleinige Arbeitsbelastung des Hofes jetzt auf ihren Schultern - ihre körperliche Überlastung - ihre intellektuelle Unterforderung: "Es geht mir nicht gut" ...
  • die Flucht geht zunächst in die eigene Fantasiewelt;
  • in welchen Situationen geht es den Spielern gut ... - Dialog mit dem Publikum: Zustimmung mit grünen Karten / Ablehnung mit roten Karten - das alles auch zu Attributen Erna Kronshage's - dabei werden die eigenen Porträt-Umrisse der SpielerInnen entsprechend nachmodifiziert;
  • wer bin ich - was bin ich - was sind meine Eigenarten - (mit Anklängen auf das auch irgendwie "überbehütete""Haustochter"-Dasein Ernas im elterlichen Haushalt - "normale" Haustöchter sind in fremden Haushalten tätig - auch als erste "Loslösung vom Elternhaus"...);
  • wo bin ich selbst und die Spieler in meinem/ihren Sosein "verrückt" und nach gesellschaftlichen Maßstäben "grenzwertig"...;
  • eine eindrücklich zärtliche Szenenpassage zur Sehnsucht nach Liebe, Sicherheit und Geborgenheit;
  • eine immer schnellere Abfolge der Arbeitsinhalte Ernas - ein Abmühen und Knechten - mit knappen Anweisungen und "Befehlen" - vor allen Dingen auch durch Ernas Mutter, die zeitlebens auch neben aller Zärtlichkeit ziemlich "kurzum" sein konnte - aber auch als Skizze auf die Arbeitskolonne in der Heilanstalt, in die Erna abkommandiert wurde: in die "Arbeitstherapie" ...
  • das Kartoffelschälen, das Erna zu Hause und in der "Arbeitstherapie" begleitete - und die Freundinnen, die allmählich über Erna reden - Klatsch & Tratsch;
  • der Originalton Adolf Hitlers "zur deutschen Jugend" - wie er sie sich vorstellt... - und wie die Erblehre, die "Eugenik" das garantieren "musste" ...
  • eine Zusammenfassung des Opferporträts Erna Kronshages
  • mündliche Notizen: die "Zwanssterilisation" - die "Deportation" - der Mord in der Vernichtungsanstalt Tiegenhof;
  • das "Bepflanzen eines Grabes" und das Vorlesen der Aufschrift auf ihrem heutigen "Stolperstein";
  • Schluss
Das ist also als mein Interpretationsvorschlag zu verstehen - so wie ich die Szenen-Collage verstanden und gedeutet habe - jeder Zuschauer sieht darin aber sicherlich etwas anderes und das ist auch gut so - denn "keiner ist genauso wie ein anderer" (s.o.)
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Zur Premiere des Stücks am 02.06. stand in diesem Blog folgendes:

Jeder ist anders und besonders

Jugendvolxtheater feiert mit »Besonders anders – ich will Leben« Premiere

Von Janina Bergemann | WB
Foto: Theaterwerkstatt Bethel | NW

Am Samstagabend war volles Haus in der Theaterwerkstatt Bethel. So voll, dass zusätzliche Stühle rangeschafft werden mussten. Das Stück »Besonders anders – ich will Leben« des Jugendvolxtheaters der Theaterwerkstatt Bethel feierte Premiere und die acht Jungdarsteller gaben auf der Bühne alles. Das Publikum honorierte das mit tosendem Applaus.

In dem Stück geht es um existenzielle Fragen: Wer bin ich? Was brauche ich zum glücklich sein? Was bedeutet es, anders zu sein? Wohin führen Intoleranz und Ausgrenzung?

Im Zentrum steht dabei das Schicksal von Erna Kronshage, die von den Nationalsozialisten verfolgt und am 20. Februar 1944 ermordet wurde. An ihr Schicksal will das Stück, stellvertretend für alle anderen, erinnern. Erna Kronshage wurde 1922 in Senne II (heute Bielefeld-Sennestadt) geboren und arbeitete dort auf dem Bauernhof der Eltern. Als Kronshage 1942 die weitere Mitarbeit auf dem Hof verweigerte, wurde sie vom Amtsarzt in die Provinzial-Heilanstalt Gütersloh eingewiesen. Der Arzt diagnostizierte Schizophrenie, die durch Arbeitstherapie und Elektroschocks behandelt wurde. Schließlich wurde sie zwangssterilisiert und nach Polen transportiert, wo sie ermordet wurde.

Dem Stück und den Darstellern gelingt es durch eine abwechslungsreiche Inszenierung, an das Leben und grauenhafte Schicksal von Erna Kronshage zu erinnern. Oft herrscht Schweigen auf der Bühne, und die Darsteller zeigen ausdrucksstarke und emotionale Tanz-Choreografien. Dialoge und Monologe werden sparsam und auf den Punkt gebracht eingesetzt. Die Mischung aus Spiel und Tanz macht die Emotionalität des Stückes aus.

Ein Highlight ist das Ich-Bin-Fragespiel, bei dem das Publikum mitmachen kann und das auch mit viel Spaß tut. So wird eine Verbindung zwischen den Zuschauern, aber auch eine zum Leben von Erna Kronshage geschaffen. Zu Beginn der Vorstellung hat jeder Zuschauer eine rote Karte für »Nein« und eine grüne Karte für »Ja« erhalten. Abwechselnd machen die Darsteller Aussagen, wie zum Beispiel »Ich hatte schon mal eine Null-Bock-Phase« oder »Ich tue gerne verrückte Dinge«, und die Zuschauer antworten, indem sie entweder die rote oder grüne Karte hochhalten.

Besonders emotional wird es noch einmal nach dem Stück, als der Neffe von Erna Kronshage die Bühne betritt. Edward Wieand hat dem Ensemble die Geschichte seiner Tante nähergebracht und ist sichtlich gerührt und dankbar über die Vorstellung.

WESTFALEN-BLATT, Bielefeld, Dienstag 5. Juni 2018, S. 13  (click here)



Die Mischung aus Spiel und Tanz macht die Emotionalität des Stückes aus. Foto: Thomas F. Starke | WB






ja - ich möchte mal "sichtlich gerührt" doch so stehen lassen - und vielleicht noch in "sichtlich berührt" modifizieren - besonders auch durch die ungeheuerlichen äußerungen des herrn gauland von der afd, der all dieses leid und elend und diese unvorstellbaren einzelqualen ja als "vogelschiss" in der deutschen geschichte abtun will.

und so als meine spontane reaktion auf das stück hier einfach mal meine mail an die akteure des "jugendvolxtheaters" in der "theaterwerkstatt bethel" abdrucken:

Liebe Schauspieler – liebe Regisseure – liebe Helfer – liebes Publikum – liebe Lotti Kluczewitz -
und nicht zuletzt: lieber Canip Gündogdu

Die “Ur-Aufführung” Eures Stückes heute, der ich beiwohnen durfte, ist jetzt 2 Stunden her ...:

Und ich bin immer noch “ganz hin & weg” – wie der Westfale zu sagen und zu meinen pflegt ...

Mir schwirren viele authentische – und ich sagte es ja schon: fast “archetypische” – uralt eingelagerte – innere Vorstellungs-Sequenzen durch den Kopf:
Bilder, die ich teilweise schon seit über 30 Jahren mit mit mir herumtrage zum Schicksal meiner Tante Erna Kronshage -
zu den Bildern, die ihr mir heute mit eurer greifbaren physischen und psychischen und künstlerischen Mühe dazu dargestellt und “geliefert” habt.

Bewahrt Euch bitte diese Sequenzen zu Erna Kronshage – und erzählt sie weiter – immer weiter ...

Ich musste mich – im übertragenen Sinne – schon einige male “kneifen” – um zu überprüfen – ob ich wache oder träume ...:
Eure Darstellungen – Eure Dramaturgie – der Aufbau Eurer “Spannungsbögen”, Kulissen und Raumaufteilungen – Eure Textsicherheit und -originalität – das alles begeistert mich ...

Nochmals allen Beteiligten dazu meinen allerherzlichsten Dank.

Wie gesagt – Erna ist jetzt 74 Jahre tot – und gerade deshalb ist es immer wieder wichtig – mit soviel Respekt und trotzdem munterer Lebendigkeit immer wieder neu über sie zu berichten.

Vielen vielen Dank – wir sehen uns ja noch hoffentlich zumindest bei einem “Abschlussgespräch” im Juli ...

Für Eure nächsten Aufführungen des “Erna”-Stücks – und Eurer weiteren Stücke wünsche ich viel Erfolg – und alles Gute -

und wenn Ihr mal Zeit habt oder Eure Lieben  oder auch die Besucher der nächsten Aufführungen -
clickt bitte hier– und dann blättern - Seite für Seite – 114 x ...:
  und Euren Kindern und Kindeskindern zeigen und vorlesen ...:

click here
Seid alle herzlichst gegrüßt
Edward Wieand aka S!NEDi




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