Image may be NSFW. Clik here to view. ![]() |
deutsch |
Durch diese leidige Özil-Debatte wird nun allerorten besonders auch in den Leserforen der "seriösen" Zeitungen vieles hintereinander und durcheinander gemixt - von wegen was "deutsch" und "Deutschland" ist - und deutsche "Kultur" und deutsches "Sosein" und deutsche "Ehre"...
Ein Schreiber behauptet gar, "wir" hätten dieses Land ja "geerbt" - und "Zugezogene" müssten sich erst einmal "bewähren" - wohlgemerkt: in der Diskussion auch um Mesut Özil, der 92 Spiele für die DFB-Auswahl (!) absolvierte - und dabei eine sagenhafte Passquote aufstellte - und nach seiner Geburt und seinem Aufwachsen zufällig hier im Pütt und dem Besuch der dortigen Fußballschule "Auf Schalke" - der nun als Millionär in Britannien kickt: ich weiß nun nicht, ob der Kommentarschreiber das als ausreichende "Bewährung" durchgehen lassen würde: Bewährung - für was ??? - Und "dieses Land" geerbt ??? (Guthrie-Song: "This Land is your Land - this Land is my Land"... ???) - von wem: vielleicht vom Opa das Baugrundstück mit 480 qm - schön ... - aber ist das "dieses Land" - und was ist "dieses Land" ???
Ich schreibe ausdrücklich "DFB-Auswahl" - weil man mit einem zusammengewürfelten Millionärskader besonders guter Fußballer mit einem solchen willkürlich erfundenen Phantom wie einer "Deutschen Nationalmannschaft" dem Publikum nur Sand in die Augen streut: ein internationales Phämomen übrigens ("Weltmeisterschaften") - eine wellenartig als Pandemie auftretende fixe Idee im grenzüberschreitenden massenhaft-klinisch-psychologischen Sinn mit pathologischen Auswüchsen.
Mit Schwarz-Rot-Gold hat das zunächst einmal - nüchtern betrachtet - nichts zu tun - denn Schwarz-Rot-Gold ist ja überhaupt nur eine willkürliche Farbfolge mit "hehren Zuordnungen" unter besonderer Beugung der Farbpsychologie: eigentlich nur eine gut erfundene "Marke", ein Wiedererkennungszeichen, seinerzeit vom Hambacher Schloss und der Paulskirche, womit man immer noch ein gut geführtes Marketing betreibt oder betreiben will.
Ja - meint der Schreiber also mit "Land" etwa "Deutschland", dieses Zufallsprodukt aus der Geschichte, das immer wieder in seinen Grenzen arg "modifiziert" und zurechtgestutzt wurde ... ???
Das "Deutschland", das hier zur Zeit besungen wird, ist soooo alt ja nun noch nicht: Seit dem 4. Jahrhundert ist der Begriff "deutsch" in althochdeutscher Form belegt. Das ab dem 10. Jahrhundert bestehende Heilige Römische Reich, das aus vielen Herrschaftsgebieten bestand, war wie der 1815 ins Leben gerufene Deutsche Bund ein Vorläufer des deutschen Nationalstaates, des 1871 gegründeten Deutschen Reichs, das sich rasch vom Agrar- zum Industriestaat entwickelte.
Da die heutige Bundesrepublik "Deutschland" aus 16 Bundesländern besteht, wovon "Bayern", aber auch "Sachsen" und "Thüringen" sich gar als "Freistaat" bezeichnet - "Hamburg" als "Freie und Hansestadt" - gibt es also auf "deutschem" Gebiet viele staaten-/nationenähnliche Gebilde - mit zum Teil eigenen und unverwechselbaren Sprach-Idiomen und Charakter-Eigenarten (z.B. ein Friese wird es sprachlich in Bayern nicht einfach haben) ...
Der Ruhrpott hat z.B.einen Dialekt, der durch die geglückte Integration in mindestens 20-30 Jahren (vgl. Fall Özil) von vornehmlich polnischen Mitbürgern ab der Industrialisierung im frühen 20. Jahrhundert besonders ausgeprägt und ausgestaltet ist.
Viele "Nachfahren" dieser polnischen Einwanderer spiel(t)en gut Fußball: z.B. Tilkowski, Kelbassa, Konietzka, Libuda - die ganz alten (z.B. Szepan, Kuzorra usw.) und die gegenwärtigen (Lewandowski, Klose, Podolski, Błaszcykowski und Piszek, die auch in unterschiedlichen Nationalmannschaften antreten - usw.) will ich mal außen vor lassen.
Das zeigt doch aber, wie müßig und künstlich aufgebauscht diese derzeitige Diskussion um Rassismus, Deutschtum und dieses ganze ja irgendwie auch "virtuelle" - unwirkliche Gedöns ist: Wir alle haben irgendwo zumindest in unserer Ahnentafel einen Vorfahren mit Migrationshintergrund von "anderswoher" - zumeist als Wirtschaftsflüchtling - z.T. aber auch angeworben als Tagelöhner, Erntehelfer, Hilfskraft - von wegen: dieses Land "geerbt" ...
Und die vielen Migranten aus den neuen Bundesländern in die alten Bundesländer sprechen ja auch Bände: Es ist geschichtlicher Zufall, dass diese Bundesländer keine eigenständigen "Staaten" und Nationen sind... Und z.B. Elsass-Lothringen, das Saarland, Tirol, Sudeten, Schlesien, Ostpreußen usw. zeigen ja - wie wandelbar die nationale Zugehörigkeit sein kann.
Und wir kennen die andauernd schwelenden Problematiken um Katalonien, dem Baskenland, zwischen Nordirland und der Republik Irland, zwischen Wallonen und Flamen, den "Bruderkrieg" auf dem Balkan: alles durch politisch menschliche Kopfentscheidungen oder Mehrheitsbeschlüsse als Momentaufnahmen (s.a. Brexit) - oder Konflikte durch verschiedene Glaubensrichtungen und Konfessionen oder gekränkter nationaler Ehre :
Mit Blut und Boden und genetischem Ariertum: weiß, mit blondem Haar und blauen Augen - hat das alles nichts zu tun.S!
____________________________
P.S.: Dieser Beitrag erschien in einer Kurzform als Foren-Kommentar von mir zur "Özil-Debatte" in der WELT ...
Auf diese "Kurzfassung" in der WELT schreibt eine Leserin "Mechthild A.": Nation hat nicht unbedingt was mit Staatsgrenzen zu tun. Ist eine Plattitüde, aber Sie haben es ja nicht verstanden, wie Ihr Beitrag zeigt.
Und ich antworte darauf:
@Mechthild A.: Klären Sie mich auf: Was Ist Nation - ein "hehres Etwas" - sowas wie Glauben ? - Oder ist es doch "Blut und Boden - Rasse, Erbgut" - wie es ja immer mal wieder aus der rechten Mottenkiste gefischt wird??? WIKIPEDIA schreibt: „'Nation' erweist sich als ein Konstrukt, das von seiner diskursiven Reproduktion und materiellen Effizienz lebt. Indem Menschen sich handelnd auf das Konzept der Nation beziehen, wird es für die Beteiligten und Betroffenen wirksam“ ... - also mehr eine "fixe Idee", ein Phantom, ein Mummenschanz ... ???
Ich jedenfalls muss in der Schule gefehlt haben, als "Nation" besprochen wurde - das war aber auch in der Nachkriegszeit (50er/60er Jahre), da wurde der Begriff höchstens noch bzw. schon wieder im Sport verwandt ...
Mir scheint in mir diese "diskursive Reproduktion und materielle Effizienz", die dann wirksam wird, wenn sich Menschen handelnd auf das Konzept beziehen genetisch nicht angelegt zu sein ...
Ich beziehe mich nicht handelnd auf ein Konzept "Nation" - und Herr Özil als "Ich-AG" wohl auch nicht bzw. eher in Richtung Erdogan, wenn der Scheck dafür an sein Management auch stimmt - und wenn der passt, posiert er auch gern wieder mit Angela Merkel oder Präsident Steinmeier - er kennt das ja schon von seinen Vereinswechseln und seinen inter-nationalen Einsätzen von jugendauf: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.
Und die vielen Nachkriegsflüchtlinge zumeist von Ost nach West hatten sicherlich auch die oben geschilderten Identitätsprobleme zu einer "nationalen Zugehörigkeit" ... - ein unlösbares Problem, was eben nur als "fixe Idee" an und ab abgerufen wird von Menschen, die ebenso ab und an sich dieses Gens erinnern, wenn es im Moment opportun ist - und denen es bei ihrer Orientierung wichtig zu sein scheint. Mir geht das einfach ab ...
Was machen denn heute die Rekruten einer "Nationalen (!) Volksarmee" ???
Und unter welchem Geist außerhalb der jeweiligen Staatsgrenzen (Argumentation von Frau A.) findet die Nationen(!)wertung beim CHIO-Springreiten in Aachen statt ...??? Die Pferde jedenfalls fressen zumeist das Eichenlaub ihrer Medaillen-Halsbänder, die sie umgehängt bekommen ... S!