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leidensporträt meiner tante erna kronshage - eine klarstellung

seit 1986 recheriere ich das leidensporträt meiner tante erna kronshage (*1922), die am 20.02.1944 in der nazi-"euthanasie"-vernichtungsanstalt "tiegenhof"/gnesen (polnisch: dziekanka/gniezno - heute polen) ermordet wurde. 
dabei geht es um einen nazi-mord im wust der rund 300.000 geschätzten "euthanasie"-opfer, die anfangs, also ab 1940, geplant und zentral organisiert, vergast wurden - gezielt in 6 dafür hergerichteten vernichtungsanstalten - auch als "training" für den dann später parallel einsetzenden "holocaust", der "shoah" am jüdischen volk.

nach dieser ersten zentral aus berlin gesteuerten "euthanasie"-welle entwickelte sich dann ab spätherbst 1942 eine "wild"verzweigte dezentrale und regional gesteuerte tötungs-hype aller "irgendwie abweichenden charaktere" oder der für den krieg "unbrauchbaren" und "im wege liegenden" menschen und patienten.

da es bei den "euthanasie"-morden um ("volks")deutsche menschen unterschiedlicher gesellschaftlicher und religiöser zugehörigkeiten ging, mitten aus den familien und milieus herausgerissen, lagen die kriterien insgesamt historisch natürlich etwas anders als beim "holocaust" - ich will das aber hier auch nicht miteinander vergleichen oder irgendwie bewerten: mord ist mord ...

mein "leitbild" vor 30 jahren zu beginn meiner archiv- und literaturforschungen und -aufarbeitungen waren sicherlich getragen von den leitsätzen und dem wollen der "68er"-generation insgesamt, in die ich hineingeboren wurde - und die diese vorkommnisse in der nazi-zeit nicht mehr mit dem mantel des verschweigens zudecken wollte - die die personale mittäterschaft der elterngeneration nicht länger infragestellte.

ich fand also eine allmählich einsetzende sediment-ablagerung dieser rund 300.000 "euthanasie"-opfer vor - und dieses allgemeine - auch politisch-historisch und institutionelle totschweigen all dieser opfer, für die sich kaum eine "gedenk- und erinnerungslobby" stark machte.

aus diesem ablagerungs- und verdrängungs-sediment will ich mit der rekonstruktion und nacherzählung des leidensporträts meiner tante erna kronshage eben einen winzigkleinen krumen herauspuhlen und ihm nachgehen - beispielhaft für die anderen 299.999 - von denen vielleicht bis heute insgesamt 300 - 400 einzelbiografien bekannt und publiziert sind - also gut ein promille.

es geht bei der aufarbeitung dieser leidensporträts nicht um die „kultivierung eines deutschen schuldkomplexes“ (wie die afd das inzwischen bezeichnet) - sondern immer noch um die notwendigen freilegungen längst verdrängter mordtaten an nicht stromlinienförmig zu integrierenden menschen mitten aus familie, verwandtschaft oder nachbarschaft, die man als "unnütze esser" ablehnte und vernichtete, weil deren leistungsfähigkeit nicht den normen einer selbsternannten politisch-ideologisch verkorksten "elite" entsprachen.

und deshalb möchte ich auch den mir nachfolgenden generationen virtuell oder praktisch face to face den kurzen lebensweg erna kronshages näherbringen als exemplarisches beispiel - mit wieviel (mit-)täterschaft und verstrickungen letztlich so ein mord vorsätzlich und doch auch stickum verübt wurde - nicht von einem einzeltäter oder irgendwelchen monstern, sondern kleinteilig fragmentiert - step by step - von einem verirrten regime, von menschen wie du und ich, von verwandten, nachbarn, beamten, ärzten usw. ...


und erschreckend beispielhaft zeigt diese ermordung meiner tante, wie rasch sich das alles - unter ganz anderen prämissen - wiederholen kann.

also lesen und sehen sie - und sagen sie es allen weiter ... - damit aus meiner nacherzählung ihre nacherzählungen werden... sicherlich gibt es dabei neuere pack-enden anzufassen als bei mir, aber wir dürfen all diese opferschaft nicht einfach zum sediment herbsinken und versteinern lassen - sondern jeweils zu fruchtbarem humus umwandeln ... -

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