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plastik ist auch nur bullshit: der vermüllte planet - eine SPIEGEL-online-Doku

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dieses vermaledeite massen-plastik ist in wirklichkeit auch nur "bullshit": alles was aus plastik auf die schnelle produziert wird, hat umweltfreundlichere und manchmal sogar "bio-natürliche" abbaubare alternativen: also - back to the roots - damit unsere umwelt wieder luft zum atmen bekommt ...
p.s.: und "kaffee to go" muss nicht im plastikbecher mit plastikdeckel "verpackt" werden ... - und mein tafelwasser sprudele ich mit "sodastream" in der mehrfach-glasflasche ...





Verklärte Geschichtspolitik - Polen

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Verklärte Geschichtspolitik

Polens patriotischer Blick auf die Vergangenheit

Szene aus "Zgoda" | Video verfügbarbar bis 05.08.2023 | Bild: Kino Swiat


Der politische Kampf in Polen hat auch die Kultur erfasst. Seit drei Jahren ist die nationalkonservative PiS-Partei an der Macht – und führt kontinuierlich ihren versprochenen "guten Wandel" durch. Sie reformiert nicht nur die Justiz und stellt sich auf Konfrontationskurs mit der EU, sondern entlässt auch kritische Journalisten im öffentlichen Fernsehen oder tauscht Museumsdirektoren aus.

Ein zentrales Schlachtfeld: die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Ein neues Gesetz über das "Institut des Nationalen Gedenkens" stellt Äußerungen unter Strafe, die Polen mit dem Holocaust in Verbindung setzen. Wegen internationaler Proteste wurde es zwar etwas entschärft, doch ändert das nichts am Kurs der Regierung: Die Freiheit von Wissenschaft und Kunst wird mehr und mehr beschnitten. Kritische Filme und Magazine sollen nicht mehr gefördert werden. Stattdessen konzentriert man sich lieber auf die polnischen Soldaten des Zweiten Weltkriegs und feiert sie als Freiheitskämpfer und große Patrioten.

Schon Ende letzten Jahres kam ein Film in die Kinos, der diesem Geschichtsbild widerspricht. Regisseur MaciejSobieszczański drehte das Historiendrama "Zgoda"über eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte seines Landes. Nach der Vertreibung der Wehrmacht aus Polen wurden vor allem in Schlesien KZs der Nazis zu Gefängnislagern umgewandelt. Nicht nur für deutsche Gefangene, sondern auch für Kollaborateure und all jene Schlesier, die zu den "Volksdeutschen" zählten.

Ein Thema, über das in Polen gerne geschwiegen wird. Sobieszczański sieht in seinem Werk, das nun auf DVD erschienen ist, ein Mittel, um aus der Vergangenheit zu lernen und alte Vergehen nicht zu wiederholen. Doch seit Fertigstellung des Films hat sich in Polen der Wind gedreht. Die PiS-Regierung wettert gegen "antipolnische Filme", die das Land eben nicht als heroisch darstellen. Und der Kulturminister Piotr Glinski verspricht, im zum Staatsfernsehen umgewandelten öffentlich-rechtlichen Sender, die Veränderungen weiter voranzutreiben.

"ttt" hat mit Maciej Sobieszczański und dem Kulturphilosophen Andrzej Leder in Warschau über den neuen Blick auf Polens Geschichte gesprochen.

ttt | Autor: Simon Broll

DVD "Zgoda / The Reconciliation"
Regie: Maciej Sobieszczanski
Polnische Ausgabe mit englischen Untertiteln
Studio: Kino Ĺwiat, 2018


voyeur|S!

HYMN - barclay james harvest

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BARCLAY JAMES HARVEST

HYMN
ein Ohren- und Augenschmaus | S!NED!|bild|folge & music - 


HYMN 
SONGTEXT ÜBERSETZUNG
Barclay James Harvest

[Refrain]
Die Täler so tief und die Berge so hoch, wenn du 
Gott sehen möchtest musst du auf die andere Seite gehen.
Du stehst oben, dein Kopf in den Wolken, aber versuche nicht
Zu fliegen denn du weißt dass du nicht nach unten kommst
Versuche nicht, in Richtung Gott zu fliegen, du würdest nicht nach Unten kommen.

Jesus kam vom Himmel herab auf die Erde, 
Die Leute sagten, es war eine jungfräuliche Geburt.
Jesus kam vom Himmel herab auf die Erde, 
Die Leute sagten, es war eine jungfräuliche Geburt.
Die Leute sagten, es war eine jungfräuliche Geburt.

Er erzählte die großen Geschichten des Herrn, 
Und sagte, er sei der Retter von uns allen.
Er erzählte die großen Geschichten des Herrn, 
Und sagte, er sei der Retter von uns allen.

Dafür haben wir ihn getötet, 
Gekreuzigt in der Höhe.
Er stand wieder auf, um uns zu fragen: Warum?
Dann stieg er auf in den Himmel, 
Um zu sagen, das du nur mit Gott aufsteigen kannst.
Um zu sagen, das wir nur mit Gott fliegen können.


[2x Refrain]


Videostill HYMN

Videostill HYMN

mein blick nach "drüben": rostock-lichtenhagen 1992 - chemnitz 2018

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S!|art: wiedervereinigung


also - ich bin ein oller wessi - ein linksgrünversiffter alt-68er - ein "gutmensch" ... 

als "wir" endlich "wiedervereinigt" wurden - habe ich erstmals an "wunder" geglaubt. ich war begeistert. und rasch bereiste ich in der ersten euphorie städte und landstriche in den "neuen bundesländern", die ich vorher nur unter besonders makaberen umständen besuchen durfte: ich fuhr wieder nach dresden, das ich unter knallharten ddr-bedingungen schon mal besucht hatte gemeinsam mit löbau und herrnhut - und bewunderte jetzt die wiederrekonstruierten goldfarbenen kuppeln dort - auch beim kirchentag 2011 - ich befuhr die lutherstädte wittenberg und eisleben - ich besuchte eisenach und auch wismar - hatte beruflich öfter in bernburg und von dort aus in halle a.d. saale zu tun, bemerkte aber bei meinen gesprächen dort, dass wir uns trotz der gleichen "mutter"sprache und des angeblich gleichen "vater"landes nur bedingt verständigen konnten und meistens aneinander vorbei kommunizierten - ich war im harz in osterode, quedlinburg, aschersleben und in halberstadt - und verbrachte eine nacht auf der ostsseinsel poel [wo ich vor über 20 jahren bereits erstmals einen linienbus (!) voller grölender schwarzgekleideter bestiefelter kurzgeschorener teutscher jungmänner wahrnahm]  ... ich hab mir voll hehrer erwartungshaltung und großer motivation wirklich alle mühe gegeben - aber ich spür(t)e - ich war/bin immer der besucher, der immer das gefühl hat(te), eine geburtstagsfeier zu stören - in eine "geschlossene gesellschaft" zu platzen ... - ich fühl(t)e mich geduldet aber nicht willkommen ... - und auch bei meinen besuchen in berlin spür(t)e ich jedesmal, psychisch und physisch, wenn ich die alte "demarkationslinie", die "staatsgrenze der ddr"überfahre - mit bus ebenso wie im pkw oder eisenbahn ...

meine "innere wiedervereinigung" lässt also noch auf sich warten - und ich werde meine schlagbäume und wachtürme im kopp einfach nicht los. ich bin jetzt über 70 - ich weiß nicht, ob mir das noch jemals gelingt...

und dann kam seinerzeit das tohuwabohu des rechten mobs 1992 in rostock-lichtenhagen - im osten - und in mölln - mehr im westen als im osten - ähnlich wie kurze zeit später in solingen - wieder im westen - und nun - 26 (i.w. sechsundzwanzig) jahre später als in lichtenhagen wieder solche unmöglichen ausreißer in chemnitz und die vielen kleinen scharmützel zuvor in dresden und in ganz sachsen usw. - und diesmal wieder mit einer meute-jagd auf ausländisch aussehende menschen - weil 1 (i.w. ein) in haft genommener vermeintlicher täter - wahrscheinlich arabischer herkunft einen stadtfestbesucher nach einem streit niedergestochen und getötet hat... (angeblich sind ja gut 1.000.000 [i.w. eine million] dieser menschen mitten unter uns - und da wir sie trotz einiger statistisch aber kaum relevanter ausrutscher wenig bis gar nicht physisch bemerken, "haben wir es geschafft" - wie es frau merkel 2015 prophezeit hat ...) - aber da rastet nun voller inbrunst dieser gesamte aufgebrachte pöbel aus - und diesmal der pöbel um afd (gauland kann solche "ausraster" durchaus verstehen) und pegida und versprengte hooligans --- und - das ist neu - diesmal arm in arm mit menschen der "bürgerlichen mitte" von chemnitz ...

was hat man in diesen 26 jahren dazugelernt in der "einheit" ??? und inzwischen sind es ja schon die erwachsenen kinder, die da jetzt genauso mitgrölen wie seinerzeit - und ihre infos aus dem internet sammeln aus den "a-sozialen netzwerken" und anderswoher - und ansonsten "lügenpresse" brüllen gegenüber allen einigermaßen seriösen nachrichtenquellen.

und meine "ost"-gefühle - wie ich sie oben beschrieben habe als wessi - werden erneut bestärkt und befeuert statt abgebaut - mein persönlicher radius endet wohl wieder verstärkt hinter hannover - spätestens bei den vertrauten ortsnamen helmstedt und friedland - und "meine bundeshauptstadt" berlin liegt weiterhin "drüben" - ganz weit östlich "im ausland" - und hat sicherlich viel mehr als nur 4 sektoren ... 

und wenn jetzt für den film "dau" ein russe wieder einen teil der mauer nachbauen will ... aber das lass ich jetzt mal so stehen ...

my: "that's a god-forsaken place, but it's beautiful, isn't it?" - sinedi 30-08-2018

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my: "that's a god-forsaken place, but it's beautiful, isn't it?" - sinedi 30-08-2018

AfD-Gruppe in Sachsenhausen und Chemnitz

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AfD-Gruppe in Sachsenhausen und Chemnitz

Polizei ermittelt: Gästegruppe von AfD-Spitzenfrau Weidel hetzt in KZ-Gedenkstätte

KZ-Verbrechen verharmlost, Gaskammern angezweifelt - eine Gruppe aus dem Wahlkreis von AfD-Fraktionschefin Weidel besuchte die Gedenkstätte Sachsenhausen. 

Von MATTHIAS MEISNER Tagesspiegel

Für die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen ist es ein ernster Vorgang. Eine AfD-Besuchergruppe aus dem Wahlkreis von deren Fraktionschefin Alice Weidel vom Bodensee war im Juli bei ihr zu Gast. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten bestätigte auf Tagesspiegel-Anfrage, dass sich unter den 17 Teilnehmern fünf bis sechs Personen befunden hätten, die die Führung "permanent unterbrachen und störten", wie erst jetzt bekannt wurde. Dabei seien "manifest rechte und geschichtsrevisionistische Einstellungen und Argumentationsstrategien erkennbar" geworden, sagte Gedenkstätten-Sprecher Horst Seferens - "wobei justiziable Aussagen offenkundig bewusst vermieden wurden".


Gruppe beim Besuch des früheren Konzentrationslagers Sachsenhausen. FOTO: BERND SETTNIK/DPA



Die Polizei Brandenburg hat erst durch den Tagesspiegel von dem Vorfall in der Gedenkstätte Sachsenhausen erfahren. Noch am Donnerstagabend nahm die Polizei eine Strafanzeige von Amts wegen auf und leitete kriminalpolizeiliche Ermittlungen gegen unbekannt ein, sagte ein Behördensprecher.

Eine Regierungssprecherin - die Fahrt wurde vom Bundespresseamt finanziert - bestätigt "antisemitische und historisch unhaltbare Äußerungen", schreibt sie allerdings nur einem der 17 Teilnehmer zu. Der Referent der Gedenkstätte brach, so die Darstellung beider Seiten, seinen Vortrag für die AfD-Besuchergruppe ab. Mehrere Aufforderungen, die Interventionen zu unterlassen, waren nach Angaben der Gedenkstätten-Stiftung folgenlos geblieben. Ursprünglich waren für den Besuch der Gedenkstätte im Zentrum der brandenburgischen Stadt Oranienburg 50 Teilnehmer angemeldet worden, doch nur jeder Dritte nahm schließlich wirklich teil.

Seferens sagte weiter, unter anderen seien von einigen der AfD-Besucher die Verbrechen im KZ Sachsenhausen durch Vergleich mit angeblichen Verbrechen der Alliierten relativiert worden. Die Existenz von Gaskammern sei in Zweifel gezogen worden, mehrere AfD-Besucher hätten die KZ-Verbrechen verharmlost und relativiert und dem Gedenkstätten-Mitarbeiter mangelnde Kompetenz und Manipulation unterstellt. Ähnlich wird das auch aus brandenburgischen Regierungskreisen bestätigt, wo die Sache seit Wochen bekannt ist.

Bei der Polizei angezeigt wurde der Vorfall, der sich bereits am 10. Juli ereignete, bisher nicht. Weder das Bundespresseamt noch die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten machten die Sache zunächst von sich aus bekannt. Die Regierungssprecherin sagte dem Tagesspiegel: "Die Bundesregierung weist jede Relativierung und Verharmlosung der Verbrechen der Nationalsozialisten, des von Deutschland ausgegangenen Vernichtungskrieges und des Holocaust entschieden und unmissverständlich zurück."

Weidels Sprecher gibt sich überrascht

Weidel selbst war beim Besuch der Gedenkstätte im im Zentrum der brandenburgischen Stadt Oranienburg nicht dabei. Das Büro der AfD-Politikerin zeigte sich "ziemlich überrascht" von den Vorwürfen. "Das Presseamt hätte uns informieren müssen", sagte Weidels Sprecher Daniel Tapp. "Da gab es aber gar nichts."

Der Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, Christian Lüth, kommentierte den Vorgang mit den Worten: "Dabei handelte es sich um ein Programm des Bundespresseamtes, bei dem Alice Weidel ein Programmpunkt von vielen war. Beim Besuch der Gedenkstätte war Alice Weidel nicht zugegen." Nachfragen des Tagesspiegels ließ Lüth unbeantwortet.

Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch (SPD) erklärte: "Mit solchen Äußerungen sollen nicht nur reaktionäre und rechtsextreme Positionen gesellschaftsfähig gemacht werden – damit werden Millionen von Opfern des NS-Unrechtsregimes verhöhnt und verunglimpft." Gerade in Zeiten, in denen die Zahl antisemitischer und ausländerfeindlicher Straftaten in Deutschland wieder deutlich zunehme, sei das "verantwortungslos und untergräbt die Grundlagen unserer Demokratie und unseres Zusammenlebens".

Die Möglichkeit, Besuchergruppen nach Berlin einzuladen, hat jeder Bundestagsabgeordnete. Die Kosten für Fahrt, Übernachtung und Verpflegung trägt die Bundesregierung. Nach den Bestimmungen des Bundespresseamts muss es sich bei den Eingeladenen um "politisch Interessierte" aus dem jeweiligen Wahlkreis des Abgeordneten handeln, im Fall von Weidel also aus dem Bundestagswahlkreis Bodensee.

Bei den vom Bundespresseamt organisierten Besuchsfahrten ist ein Besuch der Gedenkstätte Sachsenhausen schon lange ein möglicher Programmpunkt. Weidels Gruppe war außer in der Gedenkstätte Sachsenhausen unter anderem zu einem Gespräch im Bundestag. Sie nahm außerdem an einer Stadtführung durch Berlin teil und besichtigte die Gedenkstätte Hohenschönhausen im ehemaligen Gefängnis der DDR-Staatssicherheit.

Stiftung will "konsequent vom Hausrecht Gebrauch machen"

Ob und inwieweit Konsequenzen aus dem aktuellen Vorfall für künftige Besuchergruppen zu ziehen seien, liege in der Entscheidung der Gedenkstätte, sagte die Sprecherin der Bundesregierung. Gedenkstätten-Sprecher Seferens erklärte, die Gedenkstätte sei nicht nur ein Ort der Trauer und des Gedenkens, sondern "auch ein realer Friedhof", in dessen Boden sich die sterblichen Überreste von Zehntausenden von Opfern des NS-Terrors aus ganz Europa befänden: "Wir werden auch weiterhin nicht dulden, dass Besucher die Gedenkstätte für ihre geschichtsrevisionistische Propaganda zu nutzen versuchen und konsequent von unserem Hausrecht Gebrauch machen."

Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten äußert sich nach dem Vorfall klar gegen die AfD. "Wir beobachten es mit großer Sorge, dass es im Bundestag und in vielen Landesparlamenten eine Partei gibt, in der offen geschichtsrevisionistische Positionen vertreten werden", heißt es: "Wir werden nicht zulassen, dass die Gedenkstätten als Plattform für diese Art von Propaganda benutzt werden und fordern die Gesellschaft und alle demokratischen Parteien auf, diese Partei konsequent zu bekämpfen."

Ärger mit Stephan Brandner in Buchenwald

Anfang August hatte der Direktor der Gedenkstätten-Stiftung Buchenwald, Volkhard Knigge, nach einem Gespräch mit dem thüringischen AfD-Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner weitere Begegnungen dieser Art ausgeschlossen. "Die AfD hatte jetzt ihre Chance", wurde Knigge vom "Neuen Deutschland" zitiert. "Sie hat sie vertan." Die Rechtspopulisten seien eine Partei, "die dieses Land übernehmen und komplett umkrempeln" wolle, sagte Knigge. Ihr Ziel sei, "das klare Bewusstsein über die Entstehungsgeschichte des Nationalsozialismus zu verschleiern". Wer dies verstehe, könne auch "die braunen Flecken auf dem angeblich weißen Hemd der AfD" erkennen.

Laut Knigge hatte sich Brandner, der Vorsitzender des Justizausschusses im Bundestag ist, bei dem Gespräch "explizit hinter Björn Höckes Positionen gestellt" und bestritten, dass es Geschichtsrevisionismus in der AfD gebe, betonte Knigge. Der thüringische AfD-Partei- und Fraktionschef Höcke hatte bei einer Brandrede im Januar 2017 in Dresden unter anderem eine 180-Grad-Wende in der deutschen Erinnerungspolitik gefordert. Er hat in Buchenwald Hausverbot bei Gedenkveranstaltungen.

Mit ihrem Einzug in den Bundestag hatte die AfD den Anspruch bekommen, auch einen Vertreter in das Kuratorium der Stiftung "Denkmal für die ermordeten Juden Europas" zu entsenden. Bei der Stiftung kam das damals gar nicht gut an. Die AfD schlug schließlich den nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten Uwe Witt für die Entsendung in das Gremium vor. Die zunächst für März vorgesehene Wahl wurde dann aber verschoben und fand bisher noch nicht statt. (mit axf)

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es ist irgendwie auch bezeichnend, wenn erst jetzt im zuge der polarisierungsdiskussion um chemnitz plötzlich dieser vorfall, der sich immerhin schon vor 52 tagen zutrug, auf den tisch kommt. damit gerät er jetzt - wie auch hier - in die mühle der argumente pro & contra chemnitz (links vs. rechts: ihr habt aber... - wir haben doch...) und erhält kaum die ihm gebührende einzel-beachtung, sondern wird einfach im scharmützel mitverwurstet - und wird so auch mit zu einem stück "der sau, die da" - um die chemnitz-problematik - "gerade durch's dorf getrieben wird".

in einer einzelbetrachtung zum thema würde aber diese vermaledeite afd auch wieder unnötig aufgewertet, denn jede pure erwähnung gilt dort ja bereits als willommene "pr-werbung" ...

dieser vorfall um eine ausgewiesene afd-besuchergruppe, die auf einladung von alice weidel das frühere kz sachsenhausen besucht hat - und die haltung des vorsitzenden des justizausschusses (!) im bundestag, stephan brandner von der afd zur 2017er höcke-rede für eine grundlegende 180-grad-revision "der deutschen erinnerungspolitik" - das sind schon wieder klare hinweise auf die säge, die zumindest ein großer teil der afd-mitglieder und -sympathisanten an die grundfeste der bundesdeutschen verfassung für ein "ritsch-ratsch" angelegt hat: die verschleierung der geschehnisse in deutschland vor 85-75 jahren etwa - und die geschichtsklitterung um die massenmorde des holocaust und der "euthanasie"-morde mit einem sand-in-die-augen-streuen und dem versuch der volksverdummung.

ich weiß nicht, welch eine gefährliche nostalgie da diese afd-gruppierungen und ihr wähler-klientel reitet - und ich kann mir nur vorstellen, dass es mit diesem allgemeinen herrschenden "jetzt muss doch aber auch mal gutt sein"-zeitgeist mit zu tun hat ...
nur - aufgepasst: auf einer schiefen ebene gibt es keinen halt mehr - und wenn man vor lauter verleugnung und klitterung diese standebene in ihrer angemessenen statik verändert, rutscht man aus und fällt auf die nase - über kurz oder lang - das ist ganz einfach physik und  keine schwierige politik ...


und diese allgemeine zeitgeist-entwicklung wird durch die flüchtlings-diskussion sicherlich im internen gedanklichen hau-ruck-verfahren mit befeuert, aber sie haben eigentlich nichts miteinander zu tun - und wenn, dann höchstens mit der ähnlichkeit von ausländerhatz und lynchjustiz damals und heute ...

a propos chemnitz:

die ddr ist vor fast 30 jahren dem verfassungsbereich der bundesrepublik deutschland aus freien stücken und nach zähen verhandlungen beigetreten (!). sicherlich haben da einige passagen jeweils die andere seite über den tisch gezogen. aber die bundesrepublik deutschland hat sich verfassungsmäßig verpflichtet, das nazi-regime zu ächten und auch menschen mit berechtigtem flüchtlingsstatus willkommen zu heißen und auf wunsch auch zu integrieren - wie sie das ja mit vielen flüchtlingen z.b. aus den ostgebieten auch immer getan hat (die auch ordentlich "lastenausgleich" erhalten haben) - und in einer abgesprochenen rettungsaktion hat im herbst 2015 die bundeskanzlerin die einsame aber mutige entscheidung getroffen, viele hunderttausend gestrandete menschen vom ungarischen grenzzaun über die offene grenze ins land zu lassen. und wie immer und überall gibt es bei solchen massenaktionen 5-10% kriminelle schmarotzer die das tohuwabohu ausnutzen, um persönlich nutzen daraus zu ziehen.

schon im bereich der behindertenhilfe lehrt man, dass jeder mensch nach betätigung sucht: und wenn er keine betätigung oder auch spielzeug vorgesetzt bekommt, manipuliert er an sich oder anderen ... unbeschäftigte junge flüchtlinge, die 2 oder 3 jahre auf ihre "statusklärung" warten müssen sowie auf einen eventuellen familiennachzug kommen vor langeweile in der zwischenzeit auf die schiefe bahn - oder sind sogar deswegen hier angekommen - die gilt es rasch auszufiltern und sich den legal hier aufhaltenden menschen zuzuwenden und ihnen betätigung verschaffen ..., was aber auch kaum zu schaffen ist: wohnungsnot, marode schulen, zu wenig lehrer, zu große unterrichtsklassen, zu wenig berufe insgesamt ...


aber mit drogenumschlagplätzen in chemnitz und anderswo und mit angeblichen belästigungen in freibädern hat das genuin erst einmal nichts zu tun - da führen irgendwelche falschgestellten weichen im kopf auf falsche denkgleise, die scheinbar wie eine infektion eine "nun reicht's"-protestierende masse erfasst und zu einer krakeelenden epidemie führt. 

verfehlungen in freibädern oder kriminelle dealerbanden oder nazi-leugner in gedenkstätten gehören gemeldet und angezeigt, egal welche hautfarbe, welcher herkunft, welcher partei - schnurstracks und nicht erst nach 52 tagen (stichwort "afd-überwachung durch den verfassungsschutz!") - und sofort abgeschoben und nicht vergessen vom bamf... 

man muss gedanklich ein paar vielleicht inzwischen "verwandte" fakten in bezug auch auf die chemnitz-diskussion wieder deutlich trennen: 
  • die abwicklung und der kahlschlag der alten ddr-volkswirtschaft mit all den psychischen und physischen folgen für die dort werktätige bevölkerung in den "neuen bundesländern" ist und war ein unrecht;
  • das gießkannen-prinzip aber der ost-transferleistungen mit über 1,9 billionen seit 1990 - mit dem ausbau an straßen und infrastruktur - hat mit den individuell persönlichen "wiedergutmachungsleistungen" an einzelne bedürftige eben nichts zu tun - und vielleicht müsste da mal ein großes sozialwerk für individuelle "wiedergutmachungen" gegenüber den bürgern der ostbundesländer mit dem soli aufgebaut werden;
  • dieses individuell gefühlte und erlittene persönliche unrecht ist aber mit tätlichem auseinandersetzungs-neid gegenüber den ankommenden fremden geflüchteten mitbürgern in den städten nie und nimmer zu tilgen und einfach ungerecht - man kann nicht äpfeln mit birnen vergleichen;
  • und eine verharmlosung des nazi-regimes und seiner gräuel-taten mit gleichzeitig (!) zunehmendem fremdenhass heute können meines erachtens kaum kausal irgendwie miteinander in verbindung gebracht werden - eine solcher "automatismus" ist einfach nur schräg und schief - und wäre der anfang der oben skizzierten "schiefen ebene", auf der es dann keinen halt mehr gibt  ...
  • erich käst­ner hat ge­sagt, dass die na­zi­zeit spä­tes­tens im jahr 1928 hät­te be­kämpft wer­den müs­sen, zu ei­ner zeit, als al­les noch sta­bil wirk­te, als es zwar erup­tio­nen des has­ses gab, wie jetzt in chem­nitz, die­se aber noch als ein­zel­fäl­le ver­nied­licht wer­den konn­ten. »Man darf nicht war­ten, bis aus dem Schnee­ball eine La­wi­ne ge­wor­den ist. Man muss den rol­len­den Schnee­ball zer­tre­ten. Die La­wi­ne hält kei­ner mehr auf. Sie ruht erst, wenn sie al­les un­ter sich be­gra­ben hat.«


endlich - ganz legal: 30.000 nazi-"euthanasie"-opfernamen zur selbstrecherche uvam. - click dich durch ...


heut ist nicht der 1. april - und dies ist keine spinnerei...: aber spinnen können fliegen - arachnophobiker aufgepasst

nach kittihawk: ganz wie zu hause ...

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karikatur/cartoon: KITTIHAWK - sprechblaseninschrift: sinedi

lang-s und rund-s: die vergewaltigung einer gebrochenen schrift: eine rein ästhetisch-ethische titelzeilen-schelte

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ach - was kann die arme sowieso schon "gebrochene" fraktur-schrift dafür, dass man sie andauernd von und für nazis missbraucht und vergewaltigt - und sie einfach zum markenzeichen alles rechten gedankenschlechts hochstilisiert hat.

und auch jetzt - 85 jahre nach der nazi-herrschaft - benutzt der spiegel auf seinem neuesten titel in diesem sinne wieder fraktur-lettern: "Sac-h-sen" steht da als schlagzeile: "Sac" in einer serifenlosen moderneren fettschrift - das folgende "h" ist zum zwitter stilisiert: links eine häfte antiqua den abschwung des h rechts als fraktur - um dann mit "sen" in einer immer bräunlicher werdenden frakturschrift diese schlagzeile zu beenden - um so mit schrift zu suggerieren: der "freistaat" sachsen gleitet immer mehr in die rechte ecke ...

und die rechts-nationalistische ecke wird hier nun wieder mit fetten fraktur-lettern symbolisiert ...

völlig zu unrecht übrigens - was die verwendung der fraktur betrifft

als gelernter schriftsetzer - noch so richtig mit winkelhaken und gutenberg-bleilettern - musste ich mich in der lehrzeit intensiv auch mit der "gebrochenen schrift", der "fraktur", auseinander-"setzen". wir mussten sie lesen lernen, was aber ganz gut klappte, waren ja selbst zu der zeit noch schulbücher in frakturschrift - und die bibel und andere alte wälzer sowieso ... wir mussten lernen, zwischen lang-s und rund-s zu unterscheiden, wobei in der frakturschrift das s am ende einer silbe immer ein rund-s oder schluss-s zu sein hatte, am anfang oder innerhalb der silben aber ein lang-s verwendung fand. auch die alte "sütterlin"-handschrift, die noch in schulen als schönschreibschrift bis in die 40er jahre - unabhängig von der ns-zeit - gelehrt wurde, unterschied diese lang- und rund-s regeln - und das war ja noch die "schönschrift" meiner eltern.

wie oft aber sieht man heute also bei fahrten durch deutsche lande die tatsächlich korrekte schreibweise der "gaststätte" in der alten fraktur-schrift mit den beiden lang-s - s-t-"ligaturen" ... ???


auch "sachsen" 
müsste mit einem 
fraktur-lang-s
geschrieben werden
aber auch auf diesem von mir hiermit beanstandeten spiegeltitel hat man die lang-s regel wieder übersehen - bzw. sich einfach darüber hinweggesetzt, weil der "gag" wichtiger war als der fachgerechte umgang mit schrift. okay - ein lang-s kann heutzutage kaum noch jemand im vorübergehen entziffern: und ein magazin-titel sollte ja auch im vorbeigehen eindruck schinden.

es ist schade, dass die mittelalterliche frakturschrift mit der nazi-zeit als kulturgut derartig mit "verb(r)annt" wurde - denn mit "rechts" oder "nationalsozialismus" hat die schrift von haus aus gar nichts zu tun. adolf hitler him-self hat sich und die partei und alles nazi-schrifttum bereits ab 1941 von den "gebrochenen" fraktur-schriften "als deutsche schriften" klar distanziert - und soll sie in seiner verblendung eine schrift mit "juden-haken" genannt haben - und tatsächlich sind ja einige fraktur-buchstaben (hier sei auch wieder mein geliebtes lang-s anzuführen) einigen hebräischen schriftzeichen ziemlich ähnlich ...

und hier müssten vielleicht noch forschungen angestellt werden, wie diese hebräisch  - hier und da auch auch arabisch anmutenden lettern im mittelalter eingang in die verwendeten druckschriften fanden (stichworte hierzu vielleicht: hanse-handel - seidenstraße) ... - und auch die schrift als solche wurde vor ca. 5000 jahren zuerst in mesopotamien - heute irak/iran/syrien (!) - als "keilschrift" geschrieben - und unabhängig davon auch in ägypten als "hieroglyphen" (stichwort: "emojis"): die schrift ist also ein ursprünglich arabisches kulturgut! (stichwort: antike bibliothek von alexandria)...

aber so geht es ja auch mit worten und begriffen, die seit der ns-zeit tabuisiert sind oder auf dem "political-correctness-index" stehen (z.b. zigeuner, neger, lügenpresse, völkisch, umvolkung, abartig, sonderbehandlung, artfremd u.a.m.) ... - die wörter können nichts dafür - aber die begriffe sind - hier zu recht - "no-go-areas" geworden ...

eine druckschrift jedoch darf als kulturgut nicht einfach mit einer ideologie verb(r)annt werden.


und die "frankfurter allgemeine zeitung" und die ehrwürdige 'linke'"new york times" z.b. verwenden die fraktur noch heute in der titelzeile. auch die evangelische kirche hat noch in den fünfzigerjahren die bibel in fraktur drucken lassen (die fraktur gilt als "luthers schrift") – und das bestimmt nicht, weil sie ns-klänge damit anstimmen wollen.

und deshalb habe ja auch mit meinem neuen logo - der lang-s-variante "si" in einer alten hier etwas bauchigen fraktur-lettern-ligatur (zwei buchstaben in einem zeichen) - weiß auf rotem grund - ein denkmal gesetzt - und mich dabei einzig und allein von der eigentlichen ästhetischen schönheit der frakturlettern leiten lassen ... - auch ganz bewusst in opposition zu den ausführungen jenes adolf hitler zu diesem thema, der plötzlich die "lateinische antiqua" favorisierte. das hatte allerdings damals auch ganz praktische gründe: in den von deutschland überfallenen ländern konnte man die fraktur-schrift kaum entziffern und "bekanntmachungen" oder "befehle" mit fraktur kaum veröffentlichen... - allerdings konnten auch alle zeitungen in deutschland nicht plötzlich ihr druckschriftgut auf "befehl" hitlers auf antiqua umstellen ...

"C'est à l'aide du concept 
de signe qu'on ébranle 
la métaphysique de la présence."  
("Mit dem Konzept des Zeichens
erschüttert man die Metaphysik der Präsenz") -
Jacques Derrida: Die Schrift und die Differenz.
Frankfurt/Main 1972, S. 422-442, hier S. 425.




Er hätte gesagt: "F.... euch alle." - Szenen zu Chemnitz

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Zwei bezeichnende Szenen aus dem Chemnitz dieser Tage



Daniel Hillig
8.000 rechtslastige Demonstranten zu 3.000 Gegendemonstranten – es passt jedenfalls zum scheinbaren Punktsieg der Rechten, dass sie an diesem Tag den wichtigsten Platz der Stadt unter Kontrolle haben: Den Ort, an dem vor acht Tagen der 35-jährige Daniel Hillig erstochen wurde. Sonst stehen hier tagsüber alle, trauernde Schüler neben aufgebrachten Wutbürgern. Nachdem die Demonstration aufgelöst wurde, drängen sich die Rechten hierhin und skandierten „Daniel! Daniel! Daniel!“ und „Wir sind das Volk!“. Sie versuchen, diesen Mord für sich zu nutzen, ihn zu
vereinnahmen, zu missbrauchen.

Wie absurd dieser Versuch ist, wie komplett widersinnig, das weiß einer sehr gut, der etwas später ein paar Schritte weiter Richtung Sparkassen-Filiale auf dem Asphalt kniet, abgebrannte Teelichter einsammelt und neue entzündet. Aus seiner Cargohose ragen Zollstock und Schraubenzieher, er war ein Kollege von Daniel Hillig beim Hausmeister-Service. „Hier fing es an“, sagt der Trauernde, und meint den Überfall.

Und was würde Daniel sagen über das Chemnitz dieser Woche, über alles, was nach seinem Tod in seiner Heimatstadt geschehen ist? Der müde Mann sagt leise einen Satz, den zarte Gemüter nicht lesen sollten, der aber alles zusammenfasst, was das Chemnitz dieser Tage ausmacht, Trauer, Wut, Hilflosigkeit und Trotz. „Er hätte gesagt: Fickt euch alle.“ Gemeint hätte er damit vor allem jene,
die hier seinen Namen skandieren, als wären sie seine Freunde gewesen. Dabei hatte die dunkle Haut, die er von seinem kubanischen Vater geerbt hatte, im Chemnitz seiner Jugend gereicht, um vor Neonazis wegrennen zu müssen, die ihn jagten.

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Plakat "Das Leben schmeckt vielfältig" 
am Kulturzentrum "Lokomov
An der Augustenburger Straße wird das Kulturzentrum „Lokomov“ von Autoverkehr und Straßenbahn umflossen, darüber hängt eine Fahne mit der Aufschrift „Das Leben schmeckt vielfältig“. Das Datum daneben zeigt noch den 1. Mai 2018, das Datum des letzten Neonazi-Aufmarschs in der Stadt. Auch damals gab es eine Gegendemo, auch damals spielte Kraftklub. Die Fronten sind alle nicht neu in Chemnitz.

Irini Mavromatidou, Chemnitz
Irini Mavromatidou hat das Transparent gestaltet. Die Künstlerin wurde in Schwaben geboren, wuchs in Thessaloniki auf, lebte in Bielefeld und jetzt in Chemnitz, das 2025 Europäische Kulturhauptstadt werden will. Mavromatidou ist Deutsche mit Akzent, schwarzen Haaren und braunen Augen. Das reicht in dieser Stadt, die Chemnitz nach Daniels Tod geworden ist, um ein Ziel abzugeben.

„Die Leute schauen neuerdings aggressiv“, sagt sie. Autos halten neben ihr, der Fahrer schreit „Scheiß Kanaken!“ und fährt weiter.
„Das gab es vorher nicht. Nie!“, ruft sie schockiert.

Textbausteine aus: NEUE WESTFÄLISCHE, Nr. 204/36, Montag, 03.09.2018, S.3: "Die Stadt, in der keiner aufgibt" - von Jan Sternberg

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ich habe den gestrigen abend teilweise damit verbracht, forenbeiträge zu schreiben zu einem "welt"-kommentar von thomas schmid "herzenskalt und politisch dumm" [von wegen "schweigende mitte"] - hier kannst du in auszügen daran teilhaben:

Da schrieb zu einem Beitrag von mir ein Thomas K.:
"Das Problem ist nicht Links oder Rechts ( wenn man einmal von den Radikalen und den Gewaltbereiten absieht).. Das Problem liegt vielmehr darin, dass die Deutschen es verlernt haben, ernsthaft miteinander zu diskutieren und abweichende Meinungen zu akzeptieren. Dies wird leider von der gegenwärtigen Regierung so vorgelebt, die beispielsweise mit ihren „Alternativlosen“ Entscheidungen und der Gängelung der Parlamentarier bewiesen hat, dass auf Demokratie und gegenseitigen Respekt kein Verlass mehr ist."
Und dazu schrieb ich:
"Über was will oder soll hier wer mit wem diskutieren ??? Und wann und wo sollte man wem die Chance geben, eine abweichende Meinung wem gegenüber zu akzeptieren ???
Man kann sich auch schreckliche Probleme einbilden - und im bilateralen Mit- oder Gegeneinander sind sie wohl auch nicht zu lösen.
Ich glaube, die dagebliebenen Bürger (viele haben ja auch "in den Westen gemacht") in den "neuen Bundesländer" (um nicht DDR zusagen), müssen begreifen lernen, dass das gefühlte Unrecht nicht mit der Hatz oder Ablehnung auf ein paar manchmal auch böse und manchmal auch kriminelle Fremdlinge aus Nordafrika oder Arabien zu lösen ist - aber auch nicht mit so ein paar Krakeelern von der AfD oder den Schweigemarschierern von PEGIDA - dieses durchaus verständliche individuell gefühlte Unrecht zu dem was man ihnen angetan an "Ehrverlust" und persönlich genommen hat nach ihrer "friedlichen Revolution" vor fast 30 Jahren, bei der "Abwicklung" der identitätsstiftenden Firmen und Industrieanlagen, in denen sie Geld verdienten - oft schon in der zweiten/dritten Generation... -
Und die kriminellen Taten einiger weniger finden leider Gottes überall statt: von deutschen oder ausländischen, katholischen, muslimischen, evangelischen oder konfessionslosen schwarzen, weißen, roten, grünen oder blonden Tätern - gegen deutsche oder ausländische Opfer: im Suff - in der Widrigkeit der Umstände im Moment, im allgemeinen Lebensfrust - oder wegen einer Zigarette oder ein paar oder mehreren €uro ... Das ist so: in Bielefeld, in Chemnitz, in Buxtehude und in Wanne-Eickel und anderswo...
Aber das eine hat nichts mit dem anderen zu tun: Eigener Identitätsverlust und von außen provozierter innerer Frust hat nichts mit der kriminellen Tat eines Asylbewerbers auf einen bis dato selbst diskriminierten farbigen Deutsch-Kubaner zu tun.
Der Ost-Soli und die insgesamt 1,9 Bio. Transfer-Leistungen von West nach Ost waren kein individueller und persönlicher "Lastenausgleich", wie das betroffene Flüchtlinge ja nach dem Krieg aus dem Osten erhalten haben. Aber immerhin bekommt jeder "Werktätige" ja eine Rente aus einer Bundeskasse, in die er bzw. die Lebensumstände so viel an Solidaritätsbeiträgen auch nicht einzahlen konnte - und das ist doch auch schon was ... - von wegen Solidarität und Akzeptanz ...
Auf alle Fälle, den eigenen Lebensfrust mit Alk, AfD, montäglichem PEGIDA-Marsch oder Ausländer-Hatz zu bekämpfen - das ist ganz schlechte Therapie ...
Daraufhin wieder Thomas K. unter anderem:
..."Und die Aussage der Regierung dass es doch „bedauerliche Einzelschicksale“ seien helfen weder den Angehörigen noch als Erklärung für die zunehmende Häufung." ...
Worauf ich dann schloss mit:
..."Es gibt keine "zunehmende Häufung" von Gewalttaten egal welcher Täter-Couleur - ganz im Gegenteil - die waren in den 80er Jahren bedeutend höher bei weitaus geringerem Ausländer-Anteil in Ost und West!
Und trotzdem: Mit der Ablehnung von Ausländern oder Geflohenen lassen sich persönliche Unpässlichkeiten nicht lösen - mit Futterneid schon gar nicht - mit AfD und PEGIDA auch nicht.
Einwanderungen hatten wir übrigens nach dem Krieg aus dem Osten zuhauf - und die Polen sind in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ins Ruhrgebiet gesiedelt (Tilkowski, Libuda) - und in der BRD wurde für italienische, griechische und türkische Gastarbeiter extra geworben - die heute alle mitten unter uns leben wie mein Friseur z.B. und "mein Italiener" - und mein Opa ist als Ungarndeutscher 1903 aus Ungarn in die USA gezogen, um dann 4 Jahre später wegen der Arbeitslosigkeit dort als "Wirtschaftsflüchtling" ins Ruhrgebiet zu kommen [habe ich dann heute wohl noch einen Migrationshintergrund ??? - wie war das wohl bei Ihrer Familie ???] ---
Die Unzufriedenen in Chemnitz und anderswo leiden m.E. an einer "fixen Idee" oder irgendwelchen "Minderwertigkeitskomplexen" - an denen sie sich in ihrer chronischen persönlichen Unzufriedenheit festgebissen haben - aber das kann man heutzutage anders behandeln lassen als mit aufgeblasenen Trauermärschen und rechten Parolen ... da will man sie nur "ködern" ...- und viele hängen schon am Angelhaken - und manche schon an der "Nadel"!"



Mengele

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Auf den Spuren des Bösen – 
der Sensationsbestseller aus Frankreich

1949 flüchtet Josef Mengele, der bestialische Lagerarzt von Auschwitz, nach Argentinien. In Buenos Aires trifft er auf ein dichtes Netzwerk aus Unterstützern, unter ihnen Diktator Perón, und baut sich Stück für Stück eine neue Existenz auf. Mengele begegnet auch Adolf Eichmann, der ihn zu seiner großen Enttäuschung nicht einmal kennt. Der Mossad sowie Nazi-Jäger Simon Wiesenthal und Generalstaatsanwalt Fritz Bauer nehmen schließlich die Verfolgung auf. Mengele rettet sich von einem Versteck ins nächste, lebt isoliert und wird finanziell von seiner Familie in Günzburg unterstützt. Erst 1979, nach dreißig Jahren Flucht, findet man die Leiche von Josef Mengele an einem brasilianischen Strand. Dieser preisgekrönte Tatsachenroman von Olivier Guez, der in Frankreich sofort zum Sensationsbesteller wurde, liest sich wie ein rasanter Politthriller und wahrt zugleich die notwendige Distanz.

"Olivier Guez schuf mit diesem bekannten Verfahren eine phantastische neue Romanform.“
Frédéric Beigbeder in Le Figaro magazine

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heimat-aufzeichnungen - nora krug

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Gezeichnete Erinnerung - 
ttt-sendung vom 02.09.2018 | 6 Min. | Quelle: Das Erste

Nora Krug ist Illustratorin und lebt und arbeitet seit 16 Jahren in New York. Seit ihrer Kindheit beschäftigt sie ein Thema: die Schuld der Deutschen. Jetzt hat sie ein Buch geschrieben: "Heimat - ein deutsches Familienalbum".

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ich traf hier auf die "aufzeichnungen" von nora krug - und habe mir flugs das album "heimat - ein deutsches familienalbum" auf mein "kindle" geladen.

ich bin ganz begeistert von dieser form einer "aufgezeichneten" familien-saga - mit einer guten aufarbeitung dessen, was oma & opa vielleicht im dritten reich gemacht oder worüber sie geschwiegen haben.

das ist die tatsächliche "handwerkliche" aufarbeitung und auseinandersetzung mit den familiengeheimnissen und der eigenen "deutschen geschichte" - und dem manchmal ja diffusen gefühl von "deutscher heimat", mit all den ereignissen in nazi-deutschland - zumal nora krug ja mitten in new york lebt - im jüdischen brooklyn ...

ich kann dieses "bilder"buch nur anempfehlen - auch als anregung, vielleicht zur eigenen familiengeschichtsforschung und "heimat"abklärung die alten fotos aus den pappschachteln oder zigarrenkisten hervorzukramen - und fragen zu stellen - und archive aufzusuchen - und entsprechend zu googeln - es lohnt sich - und es ist in jedem fall eine bereichernde prophylaxe vor den eigenen inneren und verwirrenden fragezeichen, vor denen man ja immer gern wegläuft - die einen aber oftmals einholen und piesacken...


feuchtgebiete


eine pr-kampagne, die sich einbrennt

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PROTESTE

Warum viele Amerikaner aus Wut ihre Nike-Schuhe verbrennen

Colin Kaepernick polarisiert. Aus Protest gegen Polizeigewalt und Rassismus kniete der NFL-Profi während Nationalhymne und löste damit eine heftige Diskussion aus. Nun hat Nike Kaepernick für eine Kampagne engagiert.

In diesen Tagen feiert der US-Sportartikelhersteller das Jubiläum seines Slogans. Doch die Nike-Werbekampagne ruft in den USA wütende Proteste hervor. Sogar die Schuhe der Marke werden verbrannt. Und der US-Präsident äußert sich auch.

Das Markenmotto von Nike klingt wie das Mantra von Machern. Auf T-Shirts und Baseballmützen prangen die drei Worte, sie strotzen vor Entschlossenheit, vor Mut, vor Coolness. „Just Do it“ – „Mach’s einfach.“

In diesen Tagen feiert der US-Sportartikelhersteller das Jubiläum seines Slogans, und das mit ganz großem Brimborium. Es geht um eine globale Werbekampagne, die Konservative in den USA derzeit wüten lässt. Die Empörung ist bei manchen so groß, dass sie ihre Nike-Schuhe in Brand setzen und Videos davon auf sozialen Netzwerken posten.

Grund für die Aufregung ist ein derzeit arbeitsloser Footballer, der zuvor schon den Hass Donald Trumps auf sich gezogen hatte: Colin Kaepernick, 30 Jahre alt.

Der Quarterback, der vor gut zwei Jahren die Nationalhymnen-Proteste im US-Sport ausgelöst hatte, ist neben Tennisspielerin Serena Williams und Basketballer LeBron James das Gesicht der Jubiläumskampagne von Nike. Kaepernick, der zuletzt 2016 für die San Francisco 49ers in der amerikanischen Profiliga NFL spielte, postete ein Foto der neuen Werbekampagne auf seinen sozialen Kanälen.



Das Foto zeigt eine Nahaufnahme von Kaepernicks Gesicht mit dem Werbeschriftzug: „Glaube an etwas, auch wenn das heißen sollte, alles andere zu opfern“.

Dass Nike es wagt, Kaepernick zu einer zentralen Figur der Kampagne zu machen, ist zumindest eines: mutig. Denn die Reaktionen waren vorhersehbar. Der 1,96 Meter-Mann, der von seiner Mutter als Kind zur Adoption freigegeben wurde, gilt vielen US-Konservativen seit seinem Hymnen-Boykott als Verräter; als unamerikanisch-unpatriotisch. Andere feiern ihn als Helden.

Trump bezeichnete kniende Spieler als „Hurensöhne“

Im August 2016 begann mit Kaepernick die Welle an Protesten von NFL-Profis, die sich durch ihren Kniefall oder erhobene Fäuste gegen Polizeibrutalität und Rassenungleichheiten aussprechen.

US-Präsident Donald Trump bezeichnete kniende Spieler vergangenes Jahr als „Hurensöhne“ und hat seitdem seine Kritik an der Liga und den protestierenden Spielern mehrfach erneuert.

Auch jetzt meldet er sich zu Wort: Die Werbezusammenarbeit von Nike mit Kaepernick sende eine „furchtbare Botschaft“ aus, sagte Trump am Dienstag im Weißen Haus der konservativen US-Internetseite „The Daily Caller“. Allerdings könne die Firma ihre eigenen Entscheidungen treffen.

Nike nahm Stellung und stellte sich hinter Keapernick: „Wir glauben, Colin ist einer der inspirierendsten Sportler seiner Generation, der die Plattform Sport dazu nutzte, um die Welt zu verbessern“, sagte Gino Fisanotti, der nordamerikanische Markenvizepräsident für Nike, dem Sender ESPN.


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das ganze ist für mich eine sehr gute - eine ausgezeichnete und sich einbrennende pr-kampagne - vielleicht eine der besten, die wir in den letzten jahren hatten - besser noch als das özil-foto mit anschließendem rücktritt aus der "mannschaft", die ja auch schon vom ablauf her und den präsidialen und prominenten akteuren und schauspielern hervorragend performed und besetzt war - (so dass özil 4 wochen später bei den 1000 reichsten deutschen mitaufgeführt wird ...)

und diesmal wieder mit allem drum und dran: mit helden und schurken wie im theaterdrama bei shakespeare - mit präsidenten und der ganzen weltpresse im für und wider - und mit brennen schuhen: billigere und auch optisch hocheffizientere werbezeit oder pr-nennungen in allen medien rund um die welt kann man gar nicht haben - und das wissen doch auch alle beteiligten: die, die "hurensohn" rufen - die, die niederknien bei der hymne - und die, die jetzt mit in den großen wettbewerbskrieg mit schuheverbrennen usw. zwischen nike, adidas und reebok ziehen ...

und trump und die afd in deutschland mit dem bohei um chemnitz und özil und sein beraterstab bei dem foto mit erdogan - ja und alle populisten in der weiten welt: sie haben uns das ja ein für allemal vorgemacht und eingebläut: negativ-werbung funktioniert genauso oder besser als hei-tei-tei - vor allen dingen steigen gratis die nennungen des namens und die abbildungen im foto und die likes in den sozialen netzwerken und die an-clicks der homepages alles in allem ins unermessliche - so dass man schon wieder selbst einen anderen tarif nennen kann bei der nächsten aktion ...

spur - jetzt

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[1958?]
Dokument
1 voll; 29,9 x 21 cm
Col·lecció MACBA. Museu d’Art Contemporani de Barcelona. Centre d'Estudis i Documentació
A03801


Materialien 1958
Manifest
1.
Es gibt heute eine zukunftsträchtige, künstlerische Aufrüstung im Gegensatz zur moralischen Aufrüstung (1). Europa steht vor einer großen Revolution, vor einem einzigartigen kulturellen Putsch.

2.
Die Kunst ist die letzte Domäne der Freiheit und wird sie mit allen Mitteln verteidigen.

3.
Wir wagen es, unsere Stimme gegen den ungeheuren Koloss des technisierten Apparates zu erheben. Wir sind gegen das folgerichtige Denken, das zur kulturellen Verödung geführt hat. Das automatische funktionelle Denken hat zur sturen Gedankenlosigkeit geführt, zum Akademismus, zur Atombombe.

4.
Die Erneuerung der Welt, jenseits von Demokratie und Kommunismus, kommt nur durch die Erneuerung des Individualismus, nicht durch das kollektive Denken.

5.
Wer Kultur schaffen will, muss Kultur zerstören.

6.
Begriffe wie: Kultur, Wahrheit, Ewigkeit interessieren uns Künstler nicht, wir müssen unser Leben fristen. Die materielle und geistige Situation der Kunst ist so trostlos, dass man von den Malern nicht verlangen kann, dass sie verbindlich malen. Verbindlich malen sollen die Arrivierten.

7.
Grundlagenforschung ist rein wissenschaftlich und angewandte Forschung ist rein technisch. Die künstlerische Forschung ist frei und hat mit Wissenschaft und Technik nichts zu tun. Wir sind dagegen, dass man heute die Kunst verwissenschaftlichen will und sie zu einem Instrument der technischen Verblödung machen will. Kunst beruht auf einem Instinkt, auf den schöpferischen Urkräften. Diese wilden ungebundenen Kräfte drängen zum Ärger aller intellektuellen Spekulanten stets zu neuen unerwarteten Formen.

8.
Kunst ist ein dröhnender Gongschlag, sein Nachklang ist das Geschrei der Epigonen, das im leeren Raum verhallt. Die Übertragung ins Technische tötet die künstlerische Potenz.

9.
Kunst hat mit Wahrheit nichts zu tun. Das Wahre liegt zwischen den Dingen. Wer objektiv sein will, ist einseitig, wer einseitig ist, ist pedantisch und langweilig.

10.
Wir sind umfassend.

11.
Es ist alles vorbei, die müde Generation, die zornige. Jetzt ist die kitschige Generation an der Reihe. WIR FORDERN DEN KITSCH, DEN DRECK, DEN URSCHLAMM, DIE WÜSTE. Die Kunst ist der Misthaufen, auf dem der Kitsch wächst. Kitsch ist die Tochter der Kunst, die Tochter ist jung und duftet, die Mutter ist ein uraltes stinkendes Weib. Wir wollen nur eins: Den Kitsch verbreiten.

12.
Wir fordern den IRRTUM. Die Konstruktivisten (2) und die Kommunisten haben den Irrtum abgeschafft und leben in der ewigen Wahrheit. Wir sind gegen die Wahrheit, gegen das Glück, gegen die Zufriedenheit, gegen das gute Gewissen, gegen den fetten Bauch, gegen die HARMONIE. Der Irrtum ist die herrlichste Fähigkeit des Menschen! Wozu ist der Mensch da? Den vergangenen ihm nicht mehr gemäßen Irrtümern einen neuen Irrtum hinzuzufügen.

13.
Statt eines abstrakten Idealismus fordern wir einen ehrlichen Nihilismus. Die größten Verbrechen der Menschheit werden unter dem Namen Wahrheit, Ehrlichkeit, Fortschritt, bessere Zukunft begangen.

14.
Die abstrakte Malerei ist leerer Ästhetizismus geworden, ein Tummelplatz für Denkfaule, die einen bequemen Vorwand suchen, längst vergangene Wahrheiten wiederzukäuen.

15.
Die abstrakte Malerei ist ein HUNDERTFACH ABGELUTSCHTER KAUGUMMI, der unter der Tischkante klebt. Heute versuchen die Konstruktivisten und die Strukturmaler, diesen längst verdorrten Kaugummi noch einmal abzuschlecken.

16.
Durch die Abstraktion ist der vierdimensionale Raum selbstverständlich geworden. Die Malerei der Zukunft wird POLYDIMENSIONAL sein. Unendliche Dimensionen stehen uns bevor.

17.
Die Kunsthistoriker machen aus jeder notwendigen geistigen Revolution ein intellektuelles Tischgespräch. Wir werden der OBJEKTIVEN UNVERBINDLICHKEIT EINE MILITANTE DIKTATUR DES GEISTES ENTGEGENSETZEN.

18.
Wir können nichts dafür, dass wir gut malen. Wir bemühen uns auch noch in diesem Sinn. Wir sind arrogant und exzentrisch. Wir spotten jeder Beschreibung.

19.
WIR SIND DIE DRITTE TACHISTISCHE WELLE. (3)
WIR SIND DIE DRITTE DADAISTISCHE WELLE. (4)
WIR SIND DIE DRITTE FUTURISTISCHE WELLE. (5)
WIR SIND DIE DRITTE SURREALISTISCHE WELLE. (6)

20.
WIR SIND DIE DRITTE WELLE. Wir sind ein Meer von Wellen (SITUATIONISMUS) (7).

21.
Die Welt kann nur durch uns enttrümmert werden.
WIR SIND DIE MALER DER ZUKUNFT!

Gruppe Spur: H. Prem, H. P. Zimmer, E. Eisch, H. Sturm, L. Fischer, A. Jorn, D. Rempt, G. Britt, G. Stadler.

Manifest der Gruppe SPUR vom November 1958 in: Cobra, Spur, Wir, Geflecht, Kollektiv Herzogstraße, Katalog zur Ausstellung, München 1985.

:::

(1) Von Frank Nathan Daniel Buchman 1938 begründete christliche Erweckungsbewegung gegen Atheismus, Materialismus und Kommunismus mit dem Begegnungszentrum in Caux in der Schweiz seit 1948.

(2) Konstruktivismus, von Naum Gabo und Antoine Pevsner begründete Richtung der abstrakten Kunst auf technisch-konstruktiver Grundlage mit Raum und Zeit als entscheidenden Faktoren.

(3) Tachismus, ein abstrakter Expressionismus, der den seelischen Regungen durch Farbflecken unmittelbar Ausdruck gibt.

(4) Dadaismus, von H. Ball, R. Huelsenbeck, H. Arp, T. Tzara 1916 in Zürich begründete Richtung, die alle konventionellen, bürgerlichen und idealistischen Kunstauffassungen ablehnt.

(5) Futurismus, eine 1909 durch F.T. Marinetti ausgelöste politische, literarische und künstlerische Bewegung, die eine radikale Erneuerung im Sinne der Moderne fordert.

(6) Surrealismus, von A. Breton 1924 beförderte Gegenbewegung gegen den Realismus mit Bezug auf das psychisch Unbewusste.

(7) Situationismus, um R. Vaneigem Anfang der Fünfziger Jahre in Paris sich bildende radikal-anarchistische Kunstbewegung.


Heimrad Prem, „Spur Manifest“, 1960, Öl auf Leinwand, 35 mal 45 Zentimeter


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Ausstellung

Ein Münchner Phänomen

Karl & Faber erinnert an die Gruppe Spur

VON EVELYN VOGEL | SZ

Heimrad Prem: Figuren in Landschaft | Mischtechnik und Collage auf Leinwand. 1961. Ca. 150 x 200 cm.

Die Spurler verbanden figurative und abstrakte Malerei auf ganz eigene Weise. Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2018




München - "Die Welt kann nur durch uns enttrümmert werden. Wir sind die Maler der Zukunft!"So hießt es im Manifest der Gruppe Spur, veröffentlicht 1958, ein Jahr nach Gründung des Künstlerkollektivs. Die Spurler hatten große Ziele und ein noch größeres Selbstbewusstsein - allerdings auch einen Sinn für Humor. Doch für ihre frechen Parolen - verbreitet mit Hilfe ihrer Manifeste und Flugblätter - hatte der Staat wenig Verständnis. 1962 stand ihnen eine Anklage wegen unzüchtiger Schriften, Gotteslästerung und Religionsbeschimpfung ins Haus, allerdings ohne größere Folgen für den Bildhauer Lothar Fischer und die Maler Heimrad Prem, Helmut Sturm und HP Zimmer. Und auch wenn die Gruppe Spur über München hinaus nie eine nationale oder gar internationale Bedeutung erlangte, so mischten die Spurler mit ihrer halb figurativen, halb abstrakten Kunst zu ihrer Zeit die Kunstszene in München doch gehörig auf.

Zum 60-Jährigen des 1. Manifests der Gruppe Spur präsentiert Karl & Faber derzeit eine Retrospektive mit 50 Werken aus den Jahren 1958 bis 1965. Zu sehen sind zahlreiche Gemälde, auch das panoramaartige Tafelbild "Nur Kampf stärkt mich" von Heimrad Prem von 1962, sowie einige Skulpturen und Papierarbeiten von Lothar Fischer. Besonders reizend: die "Turm-Familie" von 1962.

Die Leihgaben stammen aus dem Nachlass des Münchner Galeristen Otto van de Loo, der die Gruppe Spur über viele Jahre gefördert hat, und aus Privatsammlungen wie die der Sturm-Tochter Katharina. Auch das Komitee Spur, das in München die Spurler pflegt, war behilflich. Längst sind die Künstler - Sturm starb als letzter 2008 - anerkannt, ihre Werke hängen in Museen, Fischer hat sogar sein eigenes. Aber Spur-Ausstellungen gibt es nicht mehr oft. Sie waren halt doch eher ein Münchner Phänomen.

Gruppe Spur: Jetzt!Werke aus den Jahren 1958 bis 1965, Karl & Faber, Amiraplatz 3, bis 16. September, Mo-Fr 10-18 Uhr sowie am Open-Art-Wochenende 15./16. Sept., 11-18 Uhr, Führung durch Komitee Spur am 15. Sept. um 16.30 Uhr

Die Spurler verbanden figurative und abstrakte Malerei auf ganz eigene Weise. Hier Heimrad Prems "Figuren in der Landschaft" von 1961. Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2018


Quelle: Sueddeutsche Zeitung Kultur, Donnerstag 6.September 2018, Artikel 3/16

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als ich vor jahren in dänemark in vielen kleinen aber hochkarätigen kunstmuseen auf den spuren der gruppe "cobra" war, kamen plötzlich studenten in eines der museen (ich meine mich an das salling museet in skive zu erinnern) - und fragten nach malern oder einer ausstellung der gruppe "spur".

seitdem habe ich immer mal wieder ausschau gehalten nach den künstlern dieser gruppe - die ja mit den "cobras" stilistisch und "ideologisch" verwandt waren.

hier nun habe ich das manifest von vor 60 jahren ausgegraben - und ich finde, es ist durchaus aktuell und "zeitlos" in vielen punkten - besonders was das politische umfeld angeht.

es hat mich aber auch zu der frage gebracht - inwieweit sich heute populäre deutsche künstler wohl zur tagespolitik äußern - ähnlich wie es seinerzeit grass und böll als autoren machten.

aber ich höre eigentlich nichts von gerhard richter, neo rauch, anselm kiefer und co. - und ein paar äußerungen von jonathan meese sind wohl eher als slapstick gemeint. also ich höre gelegentlich mal von dem fotokünstler wolfgang tillmans politische statements - ansonsten ist da wohl eher schweigen im wald - obwohl es vielleicht gerade in dieser zeit wichtig wäre, stellung zu beziehen, so wie es die wesentlich unbekannteren "spurler" seinerzeit frank & frei gemacht haben in ihrem manifest.

blick in die SPUR-ausstellung im kunstauktionshaus karl & faber - foto: neumarkt tv
hier der link zum reichhaltigen "spur"-auktionausstellungs-katalog

wenn gebärden stimmungen gebären

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Gebärdernsprachdolmetscherin Laura M. Schwengber bei einer Konzertlesung von Samuel Koch auf dem Kirchentag 2017 - Foto © f1rstlife / Andrea Schöne

Sie übersetzt Musik

Gebärdendolmetscherin: Laura Schwengber wird bundesweit für Konzerte engagiert. Ein Schicksalsschlag brachte sie zur Taubstummen-Sprache

Als Laura Schwengber zwölf Jahre alt war, verlor ihr bester Freund Edi durch eine Erbkrankheit Augenlicht und Gehör. Doch Laura und Edi gaben nicht auf. „Wir waren sehr pragmatisch“, erzählt die heute 28-jährige Gebärdendolmetscherin bei einem Musikfestival in Nürnberg. Es war klar: Das Mädchen und der nun fast blinde und taube Junge mussten eine Zeichensprache erfinden, die über Berührungen funktionierte.

„Unsere erste Gebärde waren die Pikachu-Ohren“, erinnert sich Schwengber lachend. Denn am liebsten spielten die beiden Pokémon. Schließlich entwickelten sie auch Buchstaben: Mit dem Finger auf den Kopf tippen war das ’i’, für ein ’m’ berührte Laura mit dem Finger Edis Mund, für ein ’n’ seine Nase.

Während der Schulzeit träumte die Spreewälderin von einer Musikkarriere. Doch kurz vor dem Abitur beendete die Gesangslehrerin ihre Illusionen. „Sie hat einfach gesagt: Nein“, erinnert sich Schwengber heute.

Stattdessen studierte sie in Berlin „Deaf Studies“ („deaf“ ist englisch für „taub“), lernte verschiedene Gebärdensprachen, legte 2012 die staatliche Prüfung zur Gebärdendolmetscherin ab. Seitdem hilft sie gehörlosen Menschen etwa bei Arztbesuchen, Abiturprüfungen, Kindergeburtstagen oder Führungen durch den Bundestag. Doch Schwengber vergaß auch im Studium nie ihre zweite große Leidenschaft: die Musik.

Schwengber wird auch für klassische Konzerte engagiert

Eines Tages bekam sie eine Facebook-Nachricht von einer Volontärin des NDR: Die junge Journalistin wollte mit ihr ein Videoprojekt organisieren, Laura sollte Lieder in Gebärden dolmetschen. Sie war zunächst misstrauisch, schrieb dann aber doch zurück. Nach zwei Wochen hatte das Video 100.000 Klicks auf Youtube.

Heute arbeitet Laura Schwengber in ganz Deutschland als Gebärdendolmetscherin für Konzerte. Jahrelang ging sie mit der Ostrockband „Keimzeit“ auf Tournee. Seit 2016 reist sie jedes Jahr zum Eurovision Song Contest (ESC) und dolmetscht alle Songs mittlerweile live. Oft wird Schwengber auch für klassische Konzerte oder Musikfestivals engagiert.

Auf der Bühne: Die Gebärdendolmetscherin Laura Schwengber übersetzt mit Hilfe von Mimik, Gestik und Tanz die Live-Musik des Münchner Duos „Blind & Lame“. Foto: Giulia Iannicelli/epd



In Nürnberg steht sie unter anderem mit dem Münchner Duo „Blind & Lame“ auf der Bühne: Die blinde Mutter Gika spielt Gitarre, ihre im Rollstuhl sitzende Tochter Lucy singt. Laura Schwengber imitiert mit den Lippen den Gesang, hüpft im Rhythmus, tanzt, springt über die Bühne, gestikuliert ähnlich wie eine Rapperin. Zwischendurch singen Blind & Lame auch auf Spanisch und Türkisch,
was für die ESC-erprobte Laura Schwengber aber kein Problem ist.

„Ich glaube, dass auch wir Hörenden Musik sehr unterschiedlich erleben“, sagt die 28-Jährige auf die Frage, wie man Musik für Menschen ohne Gehör erlebbar macht. „Es geht nicht nur um die Töne, sondern um das Gesamtpaket: den Rhythmus, das Miteinander, den Flash. Jemand, der noch nie gehört hat, wird auch danach nicht wissen, wie eine Klarinette klingt. Aber ich glaube, er wird wissen, wie sie wirkt.“

Nach Konzerten bedankten sich oft gehörlose Besucher bei ihr, sagt sie und erzählt von 70-Jährigen,
die dank ihr zum ersten Mal ein Konzert miterleben konnten. Inzwischen hat sie es sich abgewöhnt, die Texte der Lieder, die sie dolmetschen soll, komplett auswendig zu lernen. „Ich weiß, worum es in den Liedern geht und wie jede Strophe anfängt, aber während des Konzerts reagiere ich lieber spontan“, sagt Schwengber. „Zum Beispiel falls der Sänger einen Blackout hat oder den
Text abändert.“

Natürlich passieren zwischendurch auch mal Fehler. Bei dem Song „So Perfekt“ von Casper verstand sie mal die Textzeile „Du kratzt, du beißt, Fastenzeit vorbei“ falsch. „Statt ’Fastenzeit vorbei’ habe ich ’Du fasst, du zeigst vorbei’ übersetzt“, erzählt Schwengber und lacht. „Was ja gar keinen Sinn ergibt.“

2017 hat die 28-Jährige 50 Konzerte gedolmetscht, in diesem Jahr waren es im ersten Halbjahr schon mehr. Erst ein Mal hat sie eine Anfrage abgelehnt. Sie kam von einem Rapper. „Ich habe den
Songtext gesehen und dachte mir: So viele Schimpfwörter kenne ich in Gebärdensprache gar nicht.“

Und was ist mit Edi, der noch heute ihr bester Freund ist? Durch Berührungen könnte Schwengber auch ihm die Magie der Musik nahebringen. Doch sie verneint: „Er sagt: ,Musik war noch nie mein Ding’. Die einzige, die er mag, ist von seinem Gameboy, mit dem wir früher Pokémon gespielt haben.

©7.9.2018 Neue Westfälische - Kultur/Medien



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ich durfte laura m. schwengber bei ihrer arbeit während des kirchentages in berlin bewundern. mit zwei kolleginnen übersetzte sie für gehörlose menschen eine mehrstündige veranstaltung zur seniorenarbeit in gebärdensprache. nach jeweils etwa 10 minuten waren die übersetzerinnen jeweils soweit ausgepowert, dass sie sich nahtlos ablösen mussten.

das ist ja eine hohe konzentrationsleistung und auch eine körperlich anstrengende und anspruchsvolle arbeit. mir fiel frau schwengber mit ihrer frappanten frisur immer wieder besonders auf, weil ich als "hörender" mal versucht habe, so eine gebärdensprach-übersetzung synchron und simultan mitwahrzunehmen - und ob ich auch "mitlesen" konnte - das klappte bei frau schwengber in ihren sequenzen für mich immer am besten - auch weil sich mir ihr profilierender gebärdenstil immer am eindrücklichsten erschien. 

ich war regelrecht begeistert, mit welcher kreativität da manche komplizierten sachverhalte "rübergebracht" wurden - dafür musste man schon äußerst schnell und "fit in der birne" sein ... - und wie, um nur ein "simples beispiel" zu nennen, der jeweilige allgemeine beifall aus dem plenum für die beiträge mit "händeflattern" an den erhobenen armen "gebärdet" wurde.

von daher habe ich mich gefreut, von frau schwengber heute im hauptaufmacher auf der kulturseite meiner heimatzeitung zu lesen - und damit mal wieder etwas von ihr zu "hören" ...

wahrheitsgemäßes protokoll

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wahrheitsgemäßes protokoll vom 07.09.2018
20.07 uhr
51° 56' 59.291" N 8° 35' 17.113" E


da - jetzt gerade ist hier 
irgendwo - ein schuss gefallen
das heißt: nicht weit von hier
sonst hätt ich ihn ja nicht gehört

wer hat da geschossen
auf wen ist geschossen worden
war es nur ein schuss in die luft

zur abschreckung
oder ein startschuss zu einem rennen
wurde jemand getroffen
liegt jemand in seinem blut
wurd jemand niedergestreckt

es gibt keinen nachhall:
ich kann googeln soviel ich will
hier weiß niemand etwas ... - 
von einem schuss schon gar nicht

der leiter des verfassungsschutzes sagt:
der schuss sei (wohl) eher "getürkt"
da bilde sich jemand (wohl) einen schuss
nur ein ...

eine fata morgana
eine akustische täuschung
wenn sie verstehen
was ich meine ...

"niemand hat die absicht, eine mauer zu errichten"

wie ich jetzt auf diesen satz komme
was weiß ich denn -

ich weiß ja auch gar nicht
ob der schuss tatsächlich
gefallen ist

ich habe nicht gesagt: 
da sei tatsächlich ein schuss gefallen
da sei der herr vor ...

aber es hörte sich so an -
es hörte sich so an
als sei da eben ein schuss gefallen 
ganz ehrlich - jetzt eben
ganz in der nähe ...

sinedi

an art-star is born: harold ancart

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OIL-STICK-MALEREI

Was gibt es Besseres zu malen?

Der Belgier Harold Ancart betritt bei David Zwirner in London die große Bühne – und ist so begehrt, dass Sammler ihre Manieren verlieren.

Von Cornelius Tittel | welt

Gemalt mit Oil-Stick – Ölfarbe in Stiftform – auf Leinwand: Unbetiteltes Bild von Harold Ancart (2018)
Copyright: Harold Ancart/JSP Art Photography

Als Harold Ancart im Jahr 2007 von Brüssel nach New York zieht, braucht er nicht nur ein Atelier, er braucht auch einen Job, um sich überhaupt eines leisten zu können. Frisch von der Académie des Beaux-Arts, stellt er eine Mappe seiner Studentenarbeiten zusammen und macht sich auf den Weg zu Lieblingskünstlern, in der Hoffnung als Assistent anstellig zu werden. Ein Freund zeigt ihm bei seinem ersten Spaziergang durchs West Village in welchem Townhouse der Maler Brice Marden wohnt, und so steht Ancart am nächsten Morgen mit seiner Mappe unterm Arm vor dessen Tür.


Marden öffnet tatsächlich – und man kann sich vorstellen, wie verwundert er den schlaksigen Mann gemustert haben muss, der auf seinen Treppenstufen steht, mit schwarzen Ölkreidezeichnungen wedelt und sich mit stark französischem Akzent als assistente bewirbt. Ancart muss dabei etwas Einnehmendes gehabt haben, denn wenig später schon steht er in der Küche des weltberühmten Kollegen und lässt sich einen Cappuccino bereiten. Während man gemeinsam die neue Kaffeemaschine bestaunt, die beim Milchschäumen genau richtig viel Dampf erzeugt, sieht sich unser Hausierer schon auf der Zielgeraden, als zukünftige rechte Hand eines seiner größten Helden, als Mann für alles, auch für den Schaum.

Bis das Telefon klingelt. Es ist die Tochter des Künstlers, und wie man es von guten Töchtern erwartet, erkundigt sie sich zuerst nach dem Befinden ihres Vaters. Sehr gut, sagt dieser, und dass er gerade mit einem fremden jungen Mann, der eben geklingelt habe, in der Küche sitze und Kaffee trinke. Nun ist nicht genau überliefert, was genau die Tochter ihrem Vater gesagt hat. Nur dass es laut, etwas panisch und entschieden overprotective gewesen sein muss und dabei so bestimmt, dass Brice Marden seinem Besucher anschließend eröffnet, seine Tochter sei sehr besorgt, und er müsse nun wohl leider gehen.

Der Anruf, ein Liebestöter erster Güte dieser so vielversprechend beginnenden Meisterschüler-Romanze, er muss im Nachhinein als Glücksfall erscheinen. Ohne Mentor und Übervater sitzt Ancart bald in einem winzigen Atelier in Brooklyn und zeichnet, während der erste New Yorker Winter mit aller Härte über ihn hereinbricht. Zuerst sind es noch monochrome, schwarze Arbeiten, die mit ihren asketischen Gitterrastern tatsächlich noch an den frühen Marden erinnern.

Doch irgendwann, die Küche ist kaum warm zu bekommen, scheinen Ancarts großformatige Zeichnungen zu keimen. Es ist, als hätte er Samen gesetzt, die ausgerechnet jetzt, je kälter es wird, ihre ersten Triebe schlagen. Erst unmerklich, dann immer deutlicher sieht man Farne und Palmblätter aus den minimalistischen Gitterrastern wachsen, als wünsche sich der Asket mit den eiskalten Fingern nun immer unverhohlener in tropische Gefilde. Schon bald wuchern sie in den Vordergrund, werden zu Palmen und verdrängen langsam, aber sicher das minimalistische Grid, so wie sich der Urwald einst die geometrischen Tempelanlagen der Mayas zurückerobert hat. Auf Palmen folgen Papageien, auf Papageien Kometen und schließlich Berge, Wellen, Blumen und Lagerfeuer. Kurz: Dinge, die Menschen seit Urzeiten gern anschauen.

Oder wie der Künstler es in einem Interview mit dem Magazin BLAU formulierte: „Was gibt es Besseres zu malen als Dinge, die man kontemplieren kann?“ Eine rhetorische Frage, die nicht nur als Provokation in Richtung konzeptversessener Kuratoren und Kritiker gemeint war, sondern auch als Brücke. Wie Georg Baselitz mit seinen ewigen Porträts, Akten, Landschaften erfindet Ancart keine Motive. Wie bei Baselitz scheint das Motto zu lauten: Wenn das Was erst mal geklärt ist, kann man sich umso befreiter dem Wie widmen.

harold ancart - foto: geordie wood
Zehn Jahre nach seiner Ankunft in New York ist es wieder ein eiskalter, nicht enden wollender Winter, der Harold Ancart zu neuen Arbeiten inspiriert hat. Mit dem Unterschied, dass er ihn offensichtlich komfortabel genug verbracht hat, um sich nicht mehr in den Süden träumen zu müssen. 16 Eisberge sind es, die Ancart für sein Debüt auf der ganz großen Kunstmarktbühne gemalt hat, seine erste Ausstellung in der Galerie von David Zwirner.

Auch auf sie lässt sich bestens kontemplieren, (nur so lässt sich der wachsende Erfolg von Polar-Kreuzfahrten erklären), und auch sie sind für Ancart nur Anlässe für das Spektakel seiner Oil-Stick-Malerei, die sich auch auf der größten Leinwand noch als Zeichnung begreift. Allen Bildern gemeinsam ist die horizontale Zweiteilung in Meer und Himmel, doch so wie die Fauves oder Emil Nolde wenig bis gar nichts von Farbtreue hielten, steht bei Ancart schon mal ein knallgelber Himmel über einem blutroten Meer. Es ist das Wie, das Ancart zu einem großen Maler und Koloristen macht: Wie er in einer vermeintlich monochromen türkisen Meeresfläche durch ein staubfeines Grau Wellen ins Schwingen bringt, wie er ins Türkis kratzt, um ein darunterliegendes Gelb aufblitzen zu lassen, wie er an den Rand eines von Rosa ins Fleischfarbene changierenden Eisbergs einen klitzekleinen Klumpen Kobaltblau drückt – das alles zeugt von einem fast blinden Vertrauen in den eigenen Touch.

Überhaupt die Eisberge: Sie werden bei Ancart zu Gefäßen reiner Malerei. Zoomt der Betrachter so lange rein, bis ihm das Motiv entgleitet, wird das Eis zu abstraktem Expressionismus auf Augenhöhe mit Clyfford Still. Und wenn im letzten, jüngsten Bild der Serie, das den hinteren Raum im ersten Stock dominiert, der grau-weiß-pinke Eisberg vor nervöser Energie fast zu bersten droht, hat Ancart mit Willem de Kooning einen weiteren Helden beschworen, ohne ihn auch nur ansatzweise kopieren zu müssen.

„Freeze“, so der Titel der Ausstellung, demonstriert eindrucksvoll, dass der anschwellende Hype nach seinem Museumsdebüt in der Houstoner Menil Collection und ausverkauften Shows bei Clearing und David Kordansky eben kein Hype ist. „Freeze“ zeigt einen ebenso jungen wie reifen Maler, der seine Mittel schlafwandlerisch beherrscht und dabei die seltene Gabe besitzt, in 36 mal 30 Zentimeter kleinen Formaten dieselbe Magie zu entfalten wie auf drei Metern.

Dass von Schweizer Museen bis zu amerikanischen Megasammlern am Eröffnungsabend angeblich nur die mächtigsten Kunstmarktplayer ihr Glück fanden, dürfte mehr als nur ein Gerücht sein. Harry Scrymgeour jedenfalls, der neue Londoner Direktor bei Zwirner, wollte nur so viel verraten: Noch nie zuvor sei er von einem Sammler bedroht worden. Sein Fazit: Je besser die Bilder, desto rauer die Sitten.

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gut - habe ich zunächst gedacht - wenn es harold ancart um "kontemplation" geht, um eine versenkung in jedes seiner motive, ist die serie von eisbergen ja auch eine entfernte hommage an die legendären zen-holzschnitte aus dem ostasiatischen raum - und auch sein zeichnerischer "mal"stil erinnert mich daran ... und unter der legendären "spitze des eisberges" liegen ja noch sieben-achtel "unsichtbare" aber erahnbare masse im wasser ... 

ansonsten habe ich mir schon - auch nach betrachtung anderer arbeiten von ancart z.b. in der juni-ausgabe der zeitschrift BLAU, seiten 66 ff., diese ja seit ewigen zeiten zu nichts führende frage gestellt: "was will der künstler mir damit sagen?" - aber er will wahrscheinlich nur anregungen geben, für eine jeweils individuelle botschaft, die in dem betrachter selbst erwachsen kann - wenn er darauf "bock" hat ...

diese oil-stick-malerei - früher nannten wir das einfach wohl "öl-kreide" - ist das bestechende an seinem stil. durch die kreide bleibt sein werk eigentlich eine zeichnung, die aber doch wie die pinsel-ölfarbe - wie eine malerei - auf leinwand sogar verwendet wird.

ich habe mal vor zig jahren in einer werkstatt an der nordsee in einem malkurs teilnehmer über die schulter geschaut, die die ölkreide auftrugen, um sie anschließend "changierend" mit terpentin-malmittel zu vermalen - auch das gab bestechende durchscheinende effekte, die das motiv regelrecht profilieren halfen...

daran habe ich mich erinnert bei harold ancarts arbeiten, obwohl ich gar nicht weiß, ob ancart auch seine kreiden hin und wieder "vermalt" ...

diese malweise - obwohl sie wie oben in der serie ja "eiskalt" ("freeze") rüberkommt - hat mich dann doch positiv vereinnahmt - sie strömt eine fast naive, fast kindliche, und dennoch raffinierte einfachheit aus - aber nur auf den ersten blick - und eben diese durchscheinungen und hintergründlichkeiten haben in ihrer tiefe und ihrem "ur-grund" etwas geheimnisvolles, in das es sich zu versenken durchaus lohnt: eine gestaltgewordene achtsamkeit vielleicht, die den betrachter anzieht.
ancart-arbeiten - abgedruckt im juni-BLAU

neben (!) peter doig werde ich jetzt direkt harold ancart platzieren auf meinem kopf-merkzettel, um ausschau auf weitere eindrücke zu halten ...

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